Im Reich der Liebe
O Du, dein Haar, wie stralt dein Haar,
das ist wie schwarze Diamanten!
O – weil wir uns als Herrscherpaar
der ewigen Seligkeit erkannten,
Du!
Schmück mir die Stirn du, nackt und bloß,
mit diesem Band aus blauer Seide!
Das ging dir los von deinem Schooß,
als wir noch strauchelten im Kleide
jener Welt.
Hier sind wir Gott gleich, sieh mich an;
oh Gott, wie Eins sind wir geworden!
Hier kannst du ruhig deinen Mann
mit mir betrügen, für mich morden,
Du –
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Im Reich der Liebe“ von Paula Dehmel offenbart eine leidenschaftliche und fast schon ekstatischer Hingabe in einer Liebesbeziehung. Die ersten Verse, die die Schönheit des Haares der Geliebten hervorheben, etablieren eine Atmosphäre der Bewunderung und Idealisierung. Der Vergleich mit „schwarzen Diamanten“ deutet auf Wert, Kostbarkeit und eine gewisse Unnahbarkeit hin, die durch die Intensität der Liebe jedoch überwunden wird.
Der Mittelteil des Gedichts ist durch eine fast sakrale Sprache gekennzeichnet, die die beiden Liebenden in eine gottähnliche Position erhebt. Die Bitte, die Stirn mit einem „Band aus blauer Seide“ zu schmücken, symbolisiert eine Verbindung, die über die irdische Welt hinausgeht. Die Erwähnung des „Kleides jener Welt“ suggeriert eine Abkehr von den Konventionen und Erwartungen der Gesellschaft, eine Flucht in ein eigenes Reich, in dem die Regeln der Welt keine Gültigkeit mehr haben.
Der letzte Vers kulminiert in einem beunruhigenden Ausruf, der die Konsequenzen dieser totalen Hingabe aufzeigt. Die Aufforderung, den „Mann zu betrügen“ und „für mich zu morden“ ist eine radikale Äußerung der grenzenlosen Liebe und Loyalität, die jedoch auch eine dunkle Seite der Leidenschaft andeutet. Die Liebenden scheinen sich in ihrem eigenen Universum so vereint zu fühlen, dass sie bereit sind, jegliche moralische Grenze zu überschreiten.
Insgesamt ist das Gedicht eine Studie über die Intensität der Liebe, die zur völligen Identifikation der Liebenden führt und sowohl ihre Schönheit als auch ihre zerstörerische Kraft aufzeigt. Es thematisiert die Bereitschaft, alle Konsequenzen zu akzeptieren, um in der Liebe des anderen ganz aufzugehen und die Welt der sozialen Normen hinter sich zu lassen. Die Verwendung von Bildern der Herrschaft, des Reichtums und der Gottheit unterstreicht die Ekstase und die mögliche Gefahr dieser bedingungslosen Hingabe.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.