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Er redet der Liebsten Augen an, die er umfinge

Von

Ihr seid es, die ihr mir die meinen machet blind,
ihr lichten Spiegel ihr, da ich die ganzen Schmerzen
leibhaftig kan besehn von mein und ihrem Herzen.
Ihr Werkstat, da die Gunst die güldnen Fäden spinnt,

darüber Meister ist das kluge Venus-Kind,
ihr, meine Sonn′ und Mon, ihr irdnen Himmelskerzen,
in welchen Lust mit Zier und Schein mit Glanze scherzen,
ihr seid es, die mir mehr als alle Schätze sind!

Ihr Räuber meines Lichts und dessen Wiedergeber,
von euch zeucht Amor ein und aus in meine Leber,
als sein natürlichs Haus. Ihr beide tut mir kund,

ihr stummen Redner ihr, worvon ich itzt noch sunge:
verschweigets gleich ihr Mund und sagts nicht ihre Zunge,
ihr sagt es ohne Zung′ und redets ohne Mund.

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Gedicht: Er redet der Liebsten Augen an, die er umfinge von Paul Fleming

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Er redet der Liebsten Augen an, die er umfinge“ von Paul Fleming ist eine leidenschaftliche Liebeserklärung, die die Augen der Geliebten als Quelle und Spiegelbild der Liebe zelebriert. Der Dichter adressiert die Augen direkt und preist sie als Zentrum seines emotionalen Universums. Die Metaphern, die Fleming verwendet, sind reichhaltig und komplex, wobei die Augen als Fenster zur Seele und als Auslöser unzähliger Gefühle dargestellt werden. Die Verwendung von Begriffen wie „Spiegel“, „Werkstat“, „Sonn′“ und „Himmelskerzen“ hebt die Schönheit und den Einfluss der Augen hervor und vergleicht sie mit himmlischen und kunstvollen Objekten.

Das Gedicht ist durchzogen von einem Wechselspiel von Licht und Dunkelheit, von Sehen und Blindheit. Die Augen, die die Augen des Dichters blind machen, sind gleichzeitig die Quelle des Lichts und der Klarheit. Dieses Paradox unterstreicht die ambivalente Natur der Liebe, die sowohl Verblendung als auch Erleuchtung mit sich bringt. Die Augen der Geliebten sind der Ort, an dem der Dichter seine eigenen „Schmerzen“ und die seines Herzens erkennt, was die Tiefe der emotionalen Verbundenheit verdeutlicht. Die Anwesenheit von Amor, dem Liebesgott, in der „Leber“ des Dichters, die er über die Augen der Geliebten erreicht, unterstreicht die körperliche und seelische Wirkung der Liebe.

Fleming verwendet zahlreiche rhetorische Figuren wie Anaphern („Ihr seid es, die ihr…“) und Metaphern, um die Wirkung seiner Worte zu verstärken. Die Augen werden als „stumme Redner“ bezeichnet, die die Gefühle des Dichters ohne Worte ausdrücken. Diese Paradoxie unterstreicht die Unaussprechlichkeit der Liebe und ihre Fähigkeit, jenseits der Sprache zu kommunizieren. Der letzte Vers, der das Schweigen und Sprechen ohne Mund und Zunge beschreibt, verstärkt das zentrale Thema der Kommunikation und der intimen Verbindung.

Die Gedichtstruktur, die sich in zwei Strophen zu je vier Versen und einem abschließenden Terzett gliedert, spiegelt die Zuneigung des Dichters wider. Die ersten beiden Strophen etablieren die Verehrung der Augen und ihrer Auswirkungen, während das Terzett die paradoxe Natur der Kommunikation und die unbeschreibliche Qualität der Liebe zusammenfasst. Dieses Gedicht ist ein klassisches Beispiel für die Barocklyrik, die durch ihren Reichtum an Bildern und komplexen Emotionen gekennzeichnet ist und die Unsterblichkeit der Liebe feiert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.