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Ruhe des Herzens

Von

Wie heimlich glüht ein Bild
aus langer Dämm´rung:
Ein Sommerabend war´s
Im Heimatdorfe;
Noch lag ein Sonnenhauch
Auf Dach und Giebeln,
Und hell stand schon der Mond
In leeren Straßen.
Der Nachbar sprach ein Wort
Von Tau und Regen,
Er sprach zu seinem Weib
Drin in der Kammer;
Er zog das Fenster an,
Es klang der Riegel;
Ein erstes Sternlein trat
Aus lichtem Dunkel.
Aus fernen Gärten klang
Ein Mädchenlachen;
Ein letzter Nachhall dann
Und letzte Stille.
Und all die Sommerwelt
Ging wie ein Atem
Geruhig ein und aus
Durch meine Lippen.-

Nun weiß ich´s, da mein Haar
Beginnt zu bleichen:
Was damals ich geatmet, war
Das Glück.

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Gedicht: Ruhe des Herzens von Otto Ernst

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ruhe des Herzens“ von Otto Ernst ist eine elegische Betrachtung über die Natur des Glücks und die Vergänglichkeit der Zeit. Es beginnt mit der Beschreibung einer idyllischen Szene aus der Vergangenheit, die von Erinnerungen an einen Sommerabend in einem Heimatdorf geprägt ist. Die poetischen Bilder von Sonnenhauch, Mondlicht, dem Gespräch der Nachbarn, einem Mädchenlachen und den Sternen, die aus dem Dunkel treten, schaffen eine Atmosphäre von Frieden und Harmonie. Diese detaillierten Sinneswahrnehmungen und das Eintauchen in die Erinnerung dienen als Fundament für die Hauptaussage des Gedichts.

Der zentrale Moment des Gedichts ist die Zeile „Und all die Sommerwelt / Ging wie ein Atem / Geruhig ein und aus / Durch meine Lippen.“. Diese Zeilen sind von besonderer Bedeutung, da sie das zentrale Thema des Gedichts zusammenfassen: Die Welt, die der Sprecher wahrnimmt, wird mit dem Akt des Atmens verglichen. Das Ein- und Ausatmen der Welt durch die Lippen des Sprechers symbolisiert eine tiefe Verbindung mit der Natur und der Erfahrung des Lebens. Diese Zeilen vermitteln ein Gefühl von innerer Ruhe und einem friedlichen Einklang mit der Umgebung, der als Grundlage für das spätere Erkennen des Glücks dient.

Der Wendepunkt des Gedichts ist die Erkenntnis im letzten Teil, der durch den Hinweis auf ergrauendes Haar eingeleitet wird. „Nun weiß ich´s, da mein Haar / Beginnt zu bleichen: / Was damals ich geatmet, war / Das Glück.“ Die Erkenntnis kommt erst im Alter, wenn das Leben bereits gelebt und die flüchtigen Momente der Vergangenheit bewahrt wurden. Diese Zeilen offenbaren, dass das Glück nicht im greifbaren Besitz oder materiellen Errungenschaften zu finden ist, sondern in der Fähigkeit, die einfachen Freuden des Lebens zu genießen und die Schönheit der Natur zu schätzen. Das Glück liegt im Bewusstsein der Momente, in denen man sich lebendig fühlt und mit der Welt verbunden ist.

Das Gedicht ist in einer einfachen, klaren Sprache verfasst, die die Natürlichkeit der Erinnerung widerspiegelt. Die Verwendung von Reimen und Rhythmus verstärkt den musikalischen Charakter und unterstützt die Stimmung der Ruhe und Kontemplation. Das Gedicht ist ein melancholisches, aber auch tröstliches Bekenntnis zur Vergänglichkeit und zur Suche nach dem Glück, das in den kleinen, unaufdringlichen Momenten des Lebens gefunden werden kann. Es lädt den Leser ein, über die eigene Vergangenheit nachzudenken und die wahren Werte des Lebens zu erkennen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.