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Frau Rebekka mit den Kindern

Von

Kommt Kinder, wischt die Augen aus,
Es gibt hier was zu sehen;
Und ruft den Vater auch heraus…
Die Sonne will aufgehen! –

Wie ist sie doch in ihrem Lauf
So unverzagt und munter!
Geht alle Morgen richtig auf,
Und alle Abend unter!

Geht immer, und scheint weit und breit
In Schweden und in Schwaben,
Dann kalt, dann warm, zu seiner Zeit,
Wie wir es nötig haben.

Von ohngefähr kann das nicht sein,
Das könnt ihr wohl gedenken;
Der Wagen da geht nicht allein,
Ihr müßt ihn ziehn und lenken.

So hat die Sonne nicht Verstand,
Weiß nicht, was sich gebühret;
Drum muß Wer sein, der an der Hand
Als wie ein Lamm sie führet.

Und der hat Gutes nur im Sinn,
Das kann man bald verstehen:
Er schüttet seine Wohltat hin,
Und lässet sich nicht sehen;

Und hilft und segnet für und für,
Gibt jedem seine Freude,
Gibt uns den Garten vor der Tür,
Und unsrer Kuh die Weide;

Und hält euch Morgenbrot bereit,
Und läßt euch Blumen pflücken,
Und stehet, wenn und wo ihr seid,
Euch heimlich hinterm Rücken,

Sieht alles was ihr tut und denkt,
Hält euch in seiner Pflege,
Weiß was euch freut und was euch kränkt,
Und liebt euch allewege.

Das Sternenheer hoch in der Höh,
Die Sonne die dort glänzet,
Das Morgenrot, der Silbersee
Mit Busch und Wald umkränzet,

Dies Veilchen, dieser Blütenbaum
Der seine Arm’ ausstrecket,
Sind, Kinder! »seines Kleides Saum«,
Das ihn vor uns bedecket;

Ein »Herold«, der uns weit und breit
Von ihm erzähl’ und lehre;
Der »Spiegel seiner Herrlichkeit«;
Der »Tempel seiner Ehre«,

Ein mannichfaltig groß Gebäu,
Durch Meisterhand vereinet,
Wo seine Lieb’ und seine Treu
Uns durch die Fenster scheinet.

Er selbst wohnt unerkannt darin,
Und ist schwer zu ergründen.
Seid fromm, und sucht von Herzen ihn,
Ob ihr ihn möchtet finden.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Frau Rebekka mit den Kindern von Matthias Claudius

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Frau Rebekka mit den Kindern“ von Matthias Claudius ist eine kindgerechte Einführung in die Theologie, die in einer idyllischen Szene eine tiefere religiöse Botschaft vermittelt. Der Dichter spricht direkt die Kinder an und lenkt ihre Aufmerksamkeit auf die Schönheit der Natur, insbesondere auf den Sonnenaufgang, um ihnen dann die Existenz Gottes zu erklären.

Die Natur, insbesondere die Sonne, wird als Beispiel für die Güte und Fürsorge Gottes angeführt. Die regelmäßigen Zyklen der Sonne, ihr Schein in verschiedenen Regionen und ihre wohltuenden Eigenschaften werden als Beweis für einen unsichtbaren, aber allgegenwärtigen Schöpfer verwendet. Die Metaphern und Vergleiche, wie die Sonne als „Lamm“ (geführt von Gott) und die Natur als „Kleidersaum“ Gottes, vereinfachen komplexe theologische Konzepte und machen sie für Kinder verständlich. Die Verwendung von kindgerechter Sprache und einfachen Reimen verstärkt diesen didaktischen Ansatz.

Im Verlauf des Gedichts wird die Beziehung zwischen Gott und den Menschen als eine von Liebe und Fürsorge charakterisiert. Gott wird als derjenige dargestellt, der uns mit allem Lebensnotwendigen versorgt, von Nahrung über Schönheit bis hin zu Schutz. Diese Darstellung betont die Dankbarkeit und das Vertrauen, die Gläubige gegenüber Gott empfinden sollen. Die Botschaft, dass Gott uns ständig begleitet und unsere Gedanken kennt, soll die Kinder zu einem frommen Leben ermutigen.

Der letzte Teil des Gedichts führt die Idee der Unfassbarkeit Gottes ein. Während Gott durch die Natur offenbar wird, bleibt er selbst verborgen und schwer zu ergründen. Dies ist ein wichtiger Aspekt der religiösen Erfahrung, der die Gläubigen dazu auffordert, nach ihm zu suchen und sich ihm in Demut zu nähern. Die abschließenden Verse fordern die Kinder auf, fromm zu sein und mit reinem Herzen nach Gott zu suchen, was die zentrale Botschaft des Gedichts ist: Gott ist in der Natur gegenwärtig und liebt seine Schöpfung, die Suche nach ihm erfordert jedoch Glauben und Hingabe.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.