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Auszug der Tiere

Von

Es waren eingekreist die ahnungslosen
Verirrten Tiere eh sie sich versahn
Von Wand und Wand. Ganz fern im Grenzenlosen
Zog noch von Himmel eine blasse Bahn.

In einer Nacht war Mond in ihren Träumen.
Sie brachen auf, gezogen in das fahle
Trügende Licht. Und wie ins Laub von Bäumen
Stiegen sie ins Geäst der Kathedrale.

Und stiegen träumend fort bis in das letzte
Gezweig der Giebel und erwachten kaum
Als sich ihr Fuß hinaus ins Leere setzte:
Sie fanden sich verstiegen in dem Raum,

Der Erde nicht und der nicht Himmel hieß,
Ganz heimatlos. Sie starrten in des Lichts
Ziehenden Strahl bis sie der Blick verließ
Und sie versteinten, irren Angesichts.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auszug der Tiere von Maria Luise Weissmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auszug der Tiere“ von Maria Luise Weissmann beschreibt auf eindringliche Weise den Verlust von Orientierung und die tragische Verirrung einer Gruppe von Tieren. Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung der Tiere, die sich in einem begrenzten, eingekreisten Raum befinden, bevor sie sich plötzlich auf den Weg machen. Die Verwendung des Wortes „Ahnungslos“ deutet auf eine gewisse Naivität oder Unvorbereitetheit hin, die die Tiere in ihrem Handeln leitet. Das „Grenzenlose“ und die „blasse Bahn“ vom Himmel lassen eine gewisse Sehnsucht und Suche nach etwas Neuem erahnen.

Im zweiten Abschnitt werden die Tiere von einem „fahlem“, „trügendem Licht“ angezogen, das sie dazu verleitet, in die Kathedrale zu steigen. Die Metapher des „Laubs von Bäumen“ und des „Geästs der Kathedrale“ erzeugt eine surreale Atmosphäre, die die Tiere in eine unwirkliche Umgebung entführt. Diese Bewegung in das Innere des Gebäudes, das mit der Natur assoziiert wird, könnte als ein Schritt weg von ihrer natürlichen Umgebung und hin zu einer unbekannten und potenziell gefährlichen Welt interpretiert werden.

Die dritte Strophe intensiviert die Verwirrung, indem die Tiere in das „letzte / Zweig der Giebel“ aufsteigen und schließlich in die Leere treten. Der Moment des Erwachens, als sich ihre Füße in die Leere setzen, markiert den Beginn ihres Absturzes und ihrer Entfremdung. Sie finden sich in einem Raum wieder, der weder der Erde noch dem Himmel zugehört, was ihre heimatlose und verlorene Situation unterstreicht.

Die letzte Strophe beschreibt den finalen Zustand der Tiere: Sie werden durch den „ziehenden Strahl“ des Lichts geblendet und verwandeln sich in „versteinerte, irrende Angesichter“. Dies deutet auf einen endgültigen Verlust von Identität und die Unfähigkeit, ihre Situation zu begreifen oder zu bewältigen. Das Gedicht endet mit einem Bild der Starre und des Grauens, das die Tragödie der Tiere und die Sinnlosigkeit ihrer Suche nach etwas, das sie nicht finden konnten, verdeutlicht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.