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Rodomonte

Von

Graf Bojardo ritt zum Jagen
Aber nicht auf Hirsch′ und Rehe,
Denn in seinem Innern nagen
Eines Dichters Gram und Wehe.

Er, der kühne Rolandsänger,
Sonst um Namen nicht verlegen,
Sucht just einen immer länger
Für den kecksten seiner Degen.

Denn der Name schien zur Sache
Wichtig ihm aus vielen Gründen;
Unter′m grünen Waldesdache
Hofft′ er heute ihn zu finden.

Horch, da reißt vom Bergesstollen
Sich ein Fels mit einem Male,
Und mit ungestümem Rollen
Stürzt er donnernd in die Thale.

Hei! so wild, unbändig prächtig
Ist Bojardo′s Held erfunden:
Aus den Träumen reißt′s ihn mächtig,
Und – der Name ist gefunden!

Jauchzt′ er laut auf hohem Rosse
Und, so eilig als er konnte,
Sprengt′ er heimwärts nach dem Schlosse.

Läßt mit seinen Glocken allen
Läuten, was man läuten konnte,
Durch Scandiano′s weite Hallen,
Tönt sein jubelnd:

Volk und Diener ängstlich flohen
Hier- und dorthin bei dem Läuten,
Doch – kein Feuer sieht man lohen,
Niemand weiß den Lärm zu deuten.

Wie nun Alles stand im Kranze
Und nicht g′nug sich wundern konnte,
Schrieb Bojard die erste Stanze
Von dem Helden !

Und, dieweil ein Stein′ alleine
Schon bewirkte solche Thaten,
Nennt man Alles, was zum Scheine
Lärmen macht: !

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Gedicht: Rodomonte von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Rodomonte“ von Luise Büchner handelt von der schöpferischen Auseinandersetzung des Dichters Graf Bojardo mit der Suche nach dem passenden Namen für seinen Helden. Das Gedicht beginnt mit der Beschreibung Bojardos, wie er anstatt zu jagen, von Gram und Wehe geplagt wird. Die Sehnsucht nach dem richtigen Namen für seinen „kecksten Degen“ treibt ihn um, da dieser Name für ihn von großer Bedeutung ist.

Die Suche nach dem Namen findet eine unerwartete Wendung, als ein Felsbrocken mit großem Getöse von einem Berg ins Tal stürzt. Dieses Naturschauspiel, beschrieben mit „wild, unbändig prächtig“, inspiriert Bojardo und er erkennt, dass der Name, den er sucht, „Rodomonte“ ist. Der Name, so scheint es, ist ein Spiegelbild der wilden und ungestümen Natur, die er zuvor beobachtet hat.

Die Freude über den gefundenen Namen entfesselt eine wahre Feststimmung, die durch das Läuten der Glocken in Scandiano und Bojardos triumphierenden Jubel widergespiegelt wird. Die Panik, die bei seinem Gefolge ausgelöst wird, verdeutlicht die überbordende Energie der schöpferischen Inspiration. Das anschließende Rätselraten und die Unfähigkeit, den Grund für den Lärm zu verstehen, dienen als ironischer Kontrast zur Bedeutung des Namens für Bojardo und die Geburtsstunde seines Helden.

Das Gedicht endet mit dem Erscheinen der ersten Stanze über den Helden und der Schlussfolgerung, dass alles, was „zum Scheine Lärmen macht“, als „Rodomonte“ bezeichnet wird. Dies unterstreicht die Bedeutung des Namens als Inbegriff von Aufruhr, Kraft und vielleicht auch der ungestümen Kreativität des Dichters. Büchner nutzt das Gedicht, um auf humorvolle Weise die kreativen Prozesse, die Inspiration und die damit verbundene Erschaffung von Helden zu erforschen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.