Arabeske
Zuweilen stehe ich am Fenster.
Es ist schon Nacht. Das Gaswerk schweigt.
So viele zärtliche Gespenster
Sind jetzt in Lust sich zugeneigt.
Am Güterbahnhof rollen Züge.
Ein Trinker tänzelte im Schumm.
Des Mondes leichte Silberlüge
Beglitzert ein Panoptikum.
Die Bäume zittern, weil sie frieren.
Ein Elmslicht über meinem Haus.
Gardinen flackern, schlagen Türen,
Und plötzlich geht die Lampe aus.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Arabeske“ von Klabund entwirft in knappen, suggestiven Bildern eine Szenerie der Einsamkeit und des Übergangs vom Tag zur Nacht, wobei die Atmosphäre von Melancholie und Unbehagen geprägt ist. Der Titel deutet auf eine ornamentale Struktur hin, in der einzelne Elemente wie in einer Arabeske kunstvoll miteinander verwoben sind, um ein komplexes Gesamtbild zu erzeugen. Die Wahl des Wortes „Arabeske“ impliziert eine gewisse Abstraktion und das Fehlen einer eindeutigen Erzählung, was den Fokus auf die sinnliche Wahrnehmung und die innere Gefühlswelt des lyrischen Ichs lenkt.
Die ersten beiden Strophen etablieren die Szene: Der Sprecher steht am Fenster, die Nacht ist angebrochen, das Gaswerk verstummt. Die „zärtlichen Gespenster“, die sich in „Lust“ zuneigen, deuten auf eine innere Unruhe und das Aufleben von Erinnerungen oder Phantasien in der Stille der Nacht hin. Der Güterbahnhof und der Trinker, der „im Schumm“ tanzt, verstärken das Gefühl der Verlorenheit und des Außenseitertums. Der „Mondes leichte Silberlüge“ beschreibt die verfremdende Wirkung des Mondlichts, das die Welt in ein unwirkliches Licht taucht und möglicherweise auch die trügerischen Aspekte der menschlichen Erfahrung andeutet, die in der Nacht intensiver wahrgenommen werden.
In den letzten beiden Strophen verdichtet sich die Atmosphäre der Beklommenheit. Das Zittern der Bäume und das „Elmslicht“ erzeugen ein Gefühl von Kälte und Unbehagen, während die flackernden Gardinen und das Zuschlagen der Türen auf eine innere Unruhe des Sprechers hinweisen. Das plötzliche Ausgehen der Lampe am Ende des Gedichts verstärkt die Dunkelheit und unterstreicht die existenzielle Leere und die Einsamkeit, die das Gedicht durchziehen. Das Ende wirkt abrupt und lässt den Leser mit einem Gefühl der Verlorenheit zurück.
Klabund verwendet eine einfache, aber effektive Sprache, um die Stimmung zu erzeugen. Die kurzen, prägnanten Verse und die klare Bildsprache, kombiniert mit einer Mischung aus Realismus und Symbolismus, ermöglichen eine subtile Erkundung von Themen wie Einsamkeit, Vergänglichkeit und der Isolation des Menschen in der modernen Welt. Die „Arabeske“ ist somit eine impressionistische Momentaufnahme, die die flüchtigen Eindrücke und die innere Zerrissenheit des Sprechers einfängt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.