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An einem trüben Tag

Von

Weshalb soll man das Erdenleben lieben
Und diese rauhe Welt voll Harm und Streit,
In welcher Wolken unsre schönsten Tage trüben,
Und Zwietracht alle Harmonie entzweit;
In welcher nur die Außenseite lächelt,
Doch innerlich die Schlang′ verborgen lauscht,
In welcher, wenn der Westwind kosend fächelt,
Gleich hinterher ein rauher Nordwind rauscht;
In welcher Blumen Fallen überdecken,
In die die Unschuld, sich verderbend, stürzt,
In der der Schmähsucht, der Verläumdung Flecken,
Dem Redlichen das saure Leben kürzt?
O, sie ist mir verhaßt mit ihren Spöttern,
Mit ihrem Durst nach Rache, ihrem Zank,
Mit ihrem Lärmen, ihren falschen Göttern,
Mit ihrem prunkend Wohlthun ohne Dank;
Zuwider ist sie mir, mit den Syrenen,
Die schlichte Wandrer bald durch ihren Sang
Anlocken, bald durch heuchlerische Thränen,
Und ihm bereiten seinen Untergang.
O, ihres Lärmens bin ich satt und müde –
Fort mit dem Leben! – sei willkommen, Freund,
Den Tod man nennet, du nur gibst uns Friede,
Und küssest weg die Thränen, die man weint.
Du nimmst von uns den herben Lebenskummer,
Du wiegst uns sanft in deinen Armen ein;
O, laß mich schlafen des Vergessens Schlummer,
Verwandle du die Sinne mir zu Stein.
Ein prachtvoll Denkmal mögen sie mir setzen,
Auf welchem ich als schlanke Bildsäul′ steh′,
Und Genien die Thränenurnen netzen,
Und ich empor zum lichten Himmel seh′.
Am Abend mag sich dann der Sturm erheben,
Und wenn der Wind in Schauertönen grollt,
Wenn alle Bäume bis zur Wurzel beben,
Und dumpf der Donner durch die Wolken rollt,
Dann mögen sie ein Requiem mir singen,
Denn süß und labend wird mein Schlummer sein,
Wenn mich des Todes Arme fest umschlingen,
Und mich nicht störet der Gedanken Pein.

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Gedicht: An einem trüben Tag von Kathinka Zitz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An einem trüben Tag“ von Kathinka Zitz ist eine tiefgründige Klage über die Widrigkeiten des menschlichen Lebens. Es drückt eine tiefe Enttäuschung und Verzweiflung über die Welt aus, die von Harm, Streit, Heuchelei und Leid geprägt ist. Das Gedicht beginnt mit rhetorischen Fragen, die die Sinnhaftigkeit des Lebens in einer solchen Umgebung in Frage stellen, und zieht dann eine düstere Bilanz der menschlichen Existenz.

Zitz beschreibt eine Welt, in der die „Außenseite lächelt“, während im Inneren „die Schlang‘ verborgen lauscht“. Diese Metapher deutet auf die Täuschung und das Gift, das in der Welt lauert, hin, wodurch die Idylle und die Harmonie als Trugbilder entlarvt werden. Die Natur wird als tückisch dargestellt, wo Blumen Fallen überdecken und der „Westwind“ nur kurzweilig ist, bevor der „Nordwind“ mit seinem rauen Verhalten eintrifft. Das Gedicht ist von einem pessimistischen Weltbild geprägt, das auf die negativen Aspekte des Lebens fokussiert.

Die zweite Hälfte des Gedichts ist durch den Wunsch nach dem Tod und der Auflösung der Seele gekennzeichnet. Der Tod wird als Freund begrüßt, der Frieden und Erlösung vom Lebenskummer bringt. Die Autorin sehnt sich nach dem „Schlummer des Vergessens“ und wünscht sich, dass ihre Sinne zu Stein verwandelt werden. Die Vorstellung eines prachtvollen Denkmals, das ihr nach ihrem Tod gewidmet wird, dient als letzte Sehnsucht nach Anerkennung und ewiger Erinnerung.

Der Schluss des Gedichts ist durch die romantische Vorstellung des Todes als Ruhepause gekennzeichnet, die inmitten eines Sturms und eines Requiems stattfinden soll. Der Tod wird als eine sanfte Umarmung dargestellt, die den Schmerz und die Pein der Gedanken beendet. Diese Kombination aus Trauer, Verzweiflung und Todessehnsucht macht das Gedicht zu einem eindringlichen Ausdruck der romantischen Melancholie und der Suche nach Frieden in einer unvollkommenen Welt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.