Der Nil
Aber ich stürze von Bergen hernieder,
Wo mich der Regen des Himmels gekühlt,
Tränke erbarmend die lechzenden Brüder
Daß sich ihr brennendes Bette erfüllt.
Jauchzend begrüßen mich alle die Quellen;
Kühlend umfange ich, Erde, auch dich;
Leben erschwellt mir die Tropfen, die Wellen,
Leben dir spendend umarme ich dich.
Theueres Land du! Gebährerin Erde!
Nimm nun den Sohn auch den liebenden auf,
Du, die in Klüften gebahr mich und nährte,
Nimm jetzt, o Mutter! den Sehnenden auf.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Nil“ von Karoline von Günderode ist eine romantische Hymne auf den Fluss Nil, die sowohl seine physischen Eigenschaften als auch seine symbolische Bedeutung für das Leben und die Fruchtbarkeit in den Vordergrund rückt. Es ist ein Gedicht von großer Wärme und Verbundenheit zur Natur, das in einer ergreifenden Weise die Beziehung zwischen dem Nil, dem Land und der sie ernährenden Erde darstellt.
In der ersten Strophe wird der Ursprung des Nils in den Bergen beschrieben, wo er vom Regen des Himmels gespeist wird. Die Metapher „Tränke erbarmend die lechzenden Brüder“ zeigt die lebensspendende Funktion des Flusses, der das durstige Land tränkt und zum Leben erweckt. Diese Personifizierung des Nils, der mitfühlend handelt, deutet bereits auf die tiefe emotionale Verbindung zwischen dem Fluss und der ihn umgebenden Natur hin.
Die zweite Strophe betont die Freude und den Tanz des Wassers, wenn es durch die Erde fließt. Das „Jauchzen“ der Quellen und das „Kühlen“ des Landes zeugen von einer freudigen, belebenden Kraft, die das Leben hervorbringt. Der Nil wird als Lebensquelle dargestellt, die „Leben erschwellt“ und somit die Erde mit Vitalität und Fruchtbarkeit beschenkt. Die Zeile „Leben dir spendend umarme ich dich“ drückt eine tiefe Verbundenheit und das Gefühl der Einheit zwischen dem Fluss und der Landschaft aus.
In der abschließenden Strophe nähert sich der Nil dem Ende seines Flusses und seiner symbolischen Reise. Die Anrede „Theueres Land du! Gebährerin Erde!“ zeigt eine tiefe Liebe und Verehrung für das Land, das dem Fluss Leben schenkt. Der Nil selbst kehrt zur Erde zurück, aus der er entsprungen ist. Diese letzte Strophe ist ein Ausdruck des Wunsches nach Einheit, nach Rückkehr zur Quelle und nach der Vereinigung mit der nährenden Muttererde. Es ist ein Gedicht, das die Zyklen des Lebens, der Natur und der ewigen Wiederkehr feiert.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.