Wie wird nun alles so stille wieder!
So war mirs oft in der Kinderzeit,
Die Bäche gehen rauschend nieder
Durch die dämmernde Einsamkeit,
Kaum noch hört man einen Hirten singen,
Aus allen Dörfern, Schluchten, weit
Die Abendglocken herüberklingen,
Versunken nun mit Lust und Leid
Die Täler, die noch einmal blitzen,
Nur hinter dem stillen Walde weit
Noch Abendröte an den Bergesspitzen,
Wie Morgenrot der Ewigkeit.
Im Alter
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Im Alter“ von Joseph von Eichendorff ist eine melancholische Reflexion über das Älterwerden und die damit verbundene Stille und Besinnlichkeit, die dem Leben ein neues Licht verleihen. Es zeichnet ein Bild von Rückzug und Abschied, wobei die Kindheitserinnerungen als eine Art Referenzpunkt dienen, um die aktuelle Gefühlslage zu verstehen. Die Natur dient hier als Spiegel der Seele, wobei die sich verändernden Lichtverhältnisse und die Geräusche der Natur die Entwicklung des lyrischen Ichs widerspiegeln.
Die erste Strophe beschreibt die wiederkehrende Stille, die an Kindheitstage erinnert. Die rauschenden Bäche und die dämmernde Einsamkeit evozieren eine Atmosphäre der Ruhe und des Rückzugs. Die Geräusche der Natur, wie das Singen des Hirten, nehmen ab und werden durch die Abendglocken abgelöst, was einen Übergang von der aktiven Welt zur besinnlichen Abendstimmung markiert. Die „Täler, die noch einmal blitzen“ scheinen eine letzte Aufwallung von Lebendigkeit zu sein, bevor sie in die Dunkelheit versinken, was auf einen Abschied von der Jugend und der unbeschwerten Vergangenheit hindeutet.
Die abschließenden Zeilen lenken den Blick auf die Abendröte, die sich auf den Bergesspitzen zeigt. Sie ist wie Morgenrot der Ewigkeit. Dieses Bild symbolisiert Hoffnung und Transformation. Die Abendröte steht hier nicht nur für das Ende des Tages, sondern auch für den Übergang in eine andere Dimension, in der die irdischen Freuden und Leiden in einen übergeordneten Kontext eingebettet sind. Diese Metapher deutet auf die Akzeptanz des Alters und des Lebens als eine Vorbereitung auf das Unbekannte hin, das als ewiges Morgenrot dargestellt wird.
Eichendorffs Gedicht ist somit eine Meditation über die Vergänglichkeit und die Suche nach innerer Ruhe im Alter. Es ist eine Hommage an die Erinnerungen, die das Fundament des Lebens bilden, und ein Ausblick auf eine neue Form des Seins, die durch die Stille und das Reflektieren auf die Vergangenheit erreicht wird. Die Verwendung von Naturmetaphern verstärkt die emotionale Tiefe und die universelle Gültigkeit der Thematik des Gedichts, wodurch es zu einem zeitlosen Werk der deutschen Romantik wird.
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