Mein Gott, Dir sag ich Dank,
Daß Du die Jugend mir bis über alle Wipfel
In Morgenrot getaucht und Klang,
Und auf des Lebens Gipfel,
Bevor der Tag geendet,
Vom Herzen unbewacht
Den falschen Glanz gewendet,
Daß ich nicht taumle ruhmgeblendet,
Da nun herein die Nacht
Dunkelt in ernster Pracht.
Dank
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Dank“ von Joseph von Eichendorff ist eine stille, tiefgründige Danksagung an Gott, die das Ende der Jugend und den Übergang ins Erwachsenenalter thematisiert. Es ist ein Gedicht der Erkenntnis und der Dankbarkeit für die Bewahrung vor falschen Versuchungen und dem Übermaß an Ruhm, bevor die Nacht, hier als Metapher für das Alter oder eine Zeit der Reflexion, hereinbricht.
Die erste Strophe beschreibt die Jugend als Zeit, in der das Morgenrot über alle Wipfel getaucht ist – ein Bild von Schönheit, Aufbruch und Hoffnung. Der Autor dankt Gott, dass er die Jugend durchlebt hat, und hebt hervor, dass er auf dem Gipfel des Lebens, also am Höhepunkt seiner jugendlichen Energie und Erfahrung, vor dem Tagende bewahrt wurde. Dies deutet auf eine kritische Lebensphase hin, in der die Versuchung, sich von falschen Idealen oder Ruhm blenden zu lassen, besonders groß ist.
Die zweite Strophe offenbart die eigentliche Botschaft des Gedichts: die Erkenntnis und Dankbarkeit dafür, dass das Herz „unbewacht“ den „falschen Glanz“ abwenden konnte. Dies ist der Kern der Danksagung, denn es bedeutet, dass der Autor den Reizen und Illusionen der Jugend widerstanden hat. Der „falsche Glanz“ steht hier wahrscheinlich für materielle oder weltliche Versuchungen, Ruhm oder Eitelkeit, die das wahre Wesen des Menschen verbergen könnten. Durch die Ablehnung dieser Ablenkungen konnte der Autor eine tiefere, ehrlichere Sicht auf das Leben erlangen.
Der letzte Vers, „Da nun herein die Nacht/ Dunkelt in ernster Pracht“, verwandelt die Szenerie. Die Nacht, ein Symbol für das Alter, die Erfahrung und möglicherweise auch die Stille, bricht herein. Der Begriff „ernster Pracht“ ist ein Oxymoron, der die Komplexität des Übergangs vom jugendlichen Aufbruch zur besonnenen Reflexion andeutet. Es deutet auf eine gewisse Erhabenheit, aber auch auf die Tiefe und die Herausforderungen, die mit dem Älterwerden einhergehen. Das Gedicht endet mit einem Gefühl der Dankbarkeit und des Friedens, da der Autor durch die bewusste Abwendung von falschen Idealen in die Nacht, also in eine Phase der Reife, eintreten kann.
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Lizenz und Verwendung
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