Schneider-Courage
Es ist ein Schuss gefallen!
Mein ! Sagt, wer schoss da drauß?
Es ist der junge Jäger,
der schießt im Hinterhaus.
Die Spatzen in dem Garten,
die machen viel Verdruss.
Zwei Spatzen und ein Schneider,
die fielen von dem Schuss;
die Spatzen von den Schroten,
der Schneider von dem Schreck,
die Spatzen in die Schoten,
der Schneider in den Dreck.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Schneider-Courage“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine humorvolle und pointierte Erzählung über einen ungewollten Schuss und seine kuriosen Folgen. Es präsentiert in knappen Versen ein kleines, groteskes Tableau des Geschehens, das durch seine Ironie und den unerwarteten Ausgang besticht. Der Titel deutet bereits eine gewisse Ambivalenz an, da „Courage“ (Mut) in diesem Kontext durch das Fehlen von tatsächlicher Heldentat konterkariert wird.
Die Struktur des Gedichts ist einfach und leicht verständlich, wobei jeder der vier Verse aus zwei Zeilen besteht, die im Kreuzreim gehalten sind. Dies trägt zur Eingängigkeit und zum spielerischen Charakter bei. Die ersten beiden Verse etablieren die Ausgangssituation: Ein Schuss fällt, und die Frage nach dem Schützen wird gestellt. Der „junge Jäger“ wird als Täter identifiziert, der sein Ziel im „Hinterhaus“ sucht. Diese eher beiläufige Beschreibung verstärkt den Eindruck des Ungewöhnlichen und Unvorhergesehenen.
Der eigentliche Clou des Gedichts liegt in den folgenden Versen, in denen die eigentlichen Opfer des Schusses enthüllt werden. Statt eines erhofften Wildes treffen die Schrote des Jägers – wohl unbeabsichtigt – Spatzen und einen Schneider. Die Gegenüberstellung von Spatzen, die von den Schroten getroffen werden, und dem Schneider, der vor Schreck zu Boden geht, erzeugt eine komische Wirkung. Der Schneider ist das eigentliche Opfer, aber nicht im direkten Sinne, sondern als Folge der unerwarteten Situation.
Goethe nutzt hier gekonnt die Kontraste und unerwarteten Wendungen, um den Leser zu amüsieren. Die umgangssprachliche Ausdrucksweise und die lapidare Beschreibung des Vorfalls verstärken den humoristischen Effekt. Das Gedicht ist ein kleines Meisterwerk der Ironie, das die Erwartungen des Lesers unterläuft und ihm ein Lächeln entlockt. Es ist ein gelungenes Beispiel für Goethes Fähigkeit, Alltagsbeobachtungen in prägnante und humorvolle Verse zu kleiden.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.