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An die Günstigen

Von

Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen;
Lob und Tadel muß ja sein!
Niemand beichtet gern in Prosa;
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In der Musen stillem Hain.

Was ich irrte, was ich strebte,
Was ich litt und was ich lebte,
Sind hier Blumen nur im Strauß;
Und das Alter wie die Jugend,
Und der Fehler wie die Tugend
Nimmt sich gut in Liedern aus.

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Gedicht: An die Günstigen von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An die Günstigen“ von Johann Wolfgang von Goethe reflektiert über die Natur des Dichters und die Rolle der Poesie im Leben des Menschen. Es beginnt mit der Feststellung, dass Dichter ein Bedürfnis nach öffentlicher Anerkennung haben und ihre Werke der Welt präsentieren wollen. Dieses Streben nach Lob und Tadel ist für sie untrennbar mit dem kreativen Prozess verbunden. Goethe betont die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit, impliziert aber auch eine gewisse Ambivalenz gegenüber der ungeschützten Zurschaustellung der eigenen Gefühle. Die Dichtung bietet hier einen geschützten Raum, ein „stiller Hain“, wo die Dichter ihre Gedanken und Erfahrungen in einer indirekten Form offenbaren können.

In der zweiten Strophe werden die Inhalte der Poesie thematisiert. Goethe präsentiert seine persönlichen Erfahrungen – Irrtümer, Bemühungen, Leiden und das gelebte Leben – als „Blumen nur im Strauß“. Dies deutet auf eine stilisierte, ästhetisierte Darstellung des Lebens in der Dichtung hin. Das Gedicht abstrahiert von der direkten Darstellung, indem es die realen Erfahrungen in kunstvollen Bildern verdichtet. Dabei wird die Vergänglichkeit des Lebens in den Fokus gerückt, und die Unvollkommenheit der Menschen.

Bemerkenswert ist die Gleichstellung von „Alter wie die Jugend“ und „Fehler wie die Tugend“, was auf eine umfassende Akzeptanz des Lebens in all seinen Facetten hindeutet. Goethe suggeriert, dass sowohl positive als auch negative Aspekte des Lebens in der Dichtung ihren Platz finden und in einem Lied gut dargestellt werden können. Diese Sichtweise betont die erlösende Kraft der Kunst, die es ermöglicht, die Komplexität des Lebens zu verarbeiten und in ästhetisch ansprechender Form darzustellen.

Insgesamt ist „An die Günstigen“ eine Reflexion über die Motive des Dichters, die Natur der Poesie und ihre transformative Kraft. Goethe verteidigt die Notwendigkeit der Dichtung, um das Leben zu verstehen und mit ihm umzugehen. Das Gedicht ist eine Einladung an die Leser, die Schönheit des Lebens in der Kunst zu suchen, auch wenn diese Kunst die Irrungen, die Leiden und die Fehler des Menschen widerspiegelt. Die „Günstigen“, also die wohlwollenden Leser, werden dazu eingeladen, die in den Liedern verborgene Tiefe zu entdecken.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.