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Der Büßer

Von

Verdorrt der Mund und trocken die Gedärme
So tanze ich um meinen eignen Schatten.
Aus meinem Bette spiel ich mit den Ratten
Und sauge aus den Fingern mir die Wärme.

Damit ich mich nicht allzu bitter härme
Ließ eine güt′ge Macht mein Herz ermatten.
Die Sehnsucht starb. Nur meine nimmersatten
Verflogenen Ohren hängen noch am Lärme.

Da ich mich also in mir selbst verfangen
Bin ich auch meinen Häschern nicht entgangen
Und teile die Gemeinschaft schriller Käuze.

Im Lappenkleide und bedeckt mit Schorfen
Werd täglich ich den Wärtern vorgeworfen,
Die striegeln mich mit einem Eisenkreuze.

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Gedicht: Der Büßer von Hugo Ball

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Büßer“ von Hugo Ball ist eine düstere und beklemmende Darstellung des Leidens und der Selbstverachtung. Es beschreibt das Innenleben eines Menschen, der sich in Isolation und Hoffnungslosigkeit verloren hat. Die Sprache ist geprägt von einer erschreckenden Direktheit, die das Ausmaß des inneren Zerfalls des lyrischen Ichs offenbart. Das Gedicht zeichnet ein Bild des körperlichen und seelischen Verfalls, der durch Sehnsucht, Einsamkeit und eine tiefgreifende Entfremdung von der Welt gekennzeichnet ist.

In den ersten vier Versen wird der Zustand des Büßers durch physische Symptome verdeutlicht: „Verdorrt der Mund und trocken die Gedärme“. Diese Beschreibung des körperlichen Zustands spiegelt den emotionalen Zustand des lyrischen Ichs wider. Die Zeile „So tanze ich um meinen eignen Schatten“ evoziert ein Gefühl der Sinnlosigkeit und des Kreislaufs, in dem sich der Büßer gefangen fühlt. Der Schatten könnte hier als Metapher für das eigene Ich oder die Vergangenheit dienen. Das Spiel mit den Ratten in seinem Bett unterstreicht die Isolation und das Gefühl der Verlassenheit. Die Handlung des „Saugens“ aus den Fingern deutet auf einen Versuch, sich selbst zu trösten oder eine verloren gegangene Wärme zurückzugewinnen, wobei dies jedoch scheitert.

Die zweite Strophe offenbart einen weiteren Aspekt des Leidens: die Lähmung des Herzens. „Ließ eine güt’ge Macht mein Herz ermatten. / Die Sehnsucht starb.“ Dies könnte als eine Art Schutzmechanismus interpretiert werden, um den Schmerz der Sehnsucht zu betäuben. Der Verzicht auf Sehnsucht scheint jedoch nicht zu einer Erleichterung zu führen. Stattdessen verbleiben „nimmersatte / Verflogenen Ohren“, die noch am Lärm hängen, was die anhaltende Leere und das Verlangen nach etwas, das nicht mehr existiert, verdeutlicht. Dies kann als Hinweis auf eine spirituelle oder emotionale Lähmung verstanden werden, die den Büßer unfähig macht, dem Leiden zu entkommen.

Die abschließenden Verse beschreiben die Folgen dieser inneren Zustände. Der Büßer ist in sich selbst gefangen, was ihn seinen „Häschern“ ausliefert. Die Gemeinschaft mit „schriller Käuze“ deutet auf die Isolation und das Gefühl der Verlorenheit in einer Welt, die den Büßer nicht versteht. Die Bilder von Lappenkleide, Schorfen und dem Eisenkreuz verstärken das Bild von Erniedrigung, Leid und Strafe. Die „Wärter“ und das Eisenkreuz symbolisieren äußere Autoritäten und das Gefühl der Unentrinnbarkeit. Das Gedicht endet mit einem Bild der Demütigung und des fortdauernden Leidens, ohne Hoffnung auf Erlösung oder Erlösung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.