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An Palafox

Von

Tritt mir entgegen nicht, soll ich zu Stein nicht starren,
Auf Märkten, oder sonst, wo Menschen atmend gehn,
Dich will ich nur am Styx, bei marmorweißen Scharen,
Leonidas, Armin und Tell, den Geistern, sehn.

Du Held, der, gleich dem Fels, das Haupt erhöht zur Sonnen,
Den Fuß versenkt in Nacht, des Stromes Wut gewehrt,
Der stinkend wie die Pest, der Hölle wie entronnen,
Den Bau sechs festlicher Jahrtausende zerstört!

Dir ließ ich, heiß wie Glut, ein Lied zum Himmel dringen,
Erhabner, hättest du Geringeres getan.
Doch was der Ebro sah, kann keine Leier singen,
Und in dem Tempel still, häng ich sie wieder an.

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Gedicht: An Palafox von Heinrich von Kleist

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An Palafox“ von Heinrich von Kleist ist eine Ode an den spanischen General José de Palafox y Melzi, der für seinen Widerstand gegen Napoleons Truppen in Saragossa bekannt ist. Kleist verehrt Palafox als einen Helden von epischen Ausmaßen, dessen Taten ihn mit den größten historischen Persönlichkeiten gleichstellt, und grenzt ihn damit von der gewöhnlichen Menschheit ab.

In der ersten Strophe drückt der Dichter den Wunsch aus, Palafox nicht in der belebten Welt zu begegnen, um nicht zu erstarren, was als Ausdruck tiefster Ehrfurcht gedeutet werden kann. Stattdessen möchte Kleist ihn am Ufer des Styx, in Gesellschaft von legendären Helden wie Leonidas, Arminius und Wilhelm Tell, sehen. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht die Erhabenheit von Palafox‘ Taten und ordnet ihn in die Reihe der größten Krieger der Geschichte ein. Die gewählte Wortwahl, wie „Stein starren“ oder „Geistern sehn“, verstärkt den Eindruck von Ehrfurcht und Distanz.

Die zweite Strophe beschreibt Palafox‘ Heldentaten in pathetischen Bildern. Er wird mit einem Fels verglichen, der trotzig die Sonne empfängt, während seine Füße in der Dunkelheit wurzeln und dem tobenden Strom widerstehen. Diese Metaphern deuten auf Standhaftigkeit, Stärke und Widerstandskraft gegen widrige Umstände hin. Die Zeilen, die Palafox als Entronnene aus der Hölle beschreiben und davon sprechen, dass er einen Bau zerstörte, der sechs Jahrtausende bestand, überhöhen seine Taten ins Übermenschliche und stellen seine militärischen Erfolge als etwas dar, das die Grenzen der menschlichen Erfahrung überschreitet.

Die dritte Strophe offenbart die Ohnmacht des Dichters angesichts der Größe des Helden. Er erkannte seine Grenzen. Obwohl er Palafox ursprünglich ein Loblied widmen wollte, stellt er fest, dass die Taten des Generals so gewaltig waren, dass sie sich nicht in Worte fassen lassen. Das, was der Ebro sah, kann keine Leier singen. So nimmt der Dichter seine Leier, Symbol der Kunst, zurück und hängt sie im Tempel der Stille auf. Damit gibt er das Bemühen auf, dem Helden gerecht zu werden, und huldigt zugleich der Unbeschreiblichkeit von Palafox‘ Taten und der Grenzen der dichterischen Sprache.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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