Der Kranz
Mutter, hilf mir armen Tochter,
Sieh′ nur, was ein Knabe tat:
Einen Kranz von Rosen flocht er,
Den er mich zu tragen bat!
Ei, sei deshalb unerschrocken,
Helfen läßt sich dir gewiß!
Nimm den Kranz nur aus den Locken,
Und den Knaben, den vergiß!
Dornen hat der Kranz, o Mutter,
Und die halten fest das Haar!
Worte sprach der Knabe, Mutter,
an die denk′ ich immerdar!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Kranz“ von Hans Schmidt erzählt in einfacher, aber berührender Weise von einer jungen Frau, die sich in einer Zwickmühle befindet. Im Zentrum steht ein Kranz aus Rosen, den ein Knabe für sie flocht und ihr zur Tragung anbot. Die junge Frau wendet sich an ihre Mutter um Hilfe, da sie mit der Situation überfordert scheint.
Die eigentliche Problematik des Gedichts wird durch die Symbolik des Kranzes deutlich. Rosen, traditionell ein Symbol der Liebe und Zuneigung, werden hier mit Dornen versehen, was auf eine bittersüße Erfahrung hindeutet. Der Kranz ist also nicht nur ein Zeichen der Liebe, sondern birgt auch Schmerz und möglicherweise eine gewisse Gefahr in sich. Die junge Frau klagt darüber, dass die Dornen ihres Haares festhalten, was als Metapher für die Bindung, die der Knabe bereits geschaffen hat, verstanden werden kann. Die Worte des Knaben, die sie nicht vergessen kann, deuten auf die emotionale Wucht der Situation hin.
Die Mutter versucht zunächst, die Situation zu rationalisieren und rät ihrer Tochter, den Kranz abzunehmen und den Knaben zu vergessen. Ihre Ratschläge spiegeln eine gewisse Distanz wider und bieten eine pragmatische Lösung an. Sie scheint die emotionale Tiefe und Komplexität der Situation nicht vollständig zu erfassen. Ihre Bemühungen, das Problem zu lösen, scheitern jedoch an der emotionalen Realität der Tochter, die bereits tief von den Worten und Gesten des Knaben berührt wurde.
Die Tragik des Gedichts liegt in dem Spannungsverhältnis zwischen der rationalen Lösung der Mutter und den emotionalen Fesseln, die die junge Frau bereits spürt. Der Kranz wird zum Symbol für eine erste Liebe oder zumindest für eine tiefe emotionale Verbindung, die schwer zu lösen ist. Das Gedicht endet mit einer Ungewissheit, die aufzeigt, wie stark Liebe und Zuneigung in jungen Jahren sein können, und wie schwierig es ist, sich von ihren Fesseln zu befreien, selbst wenn sie mit Dornen versehen sind. Es ist ein stilles, aber eindringliches Porträt der ersten Liebe und der damit verbundenen Verletzlichkeit.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.