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Liebchen am Morgen

Von

Die Sonne fährt durchs Morgentor
Goldfunkelnd über den Bergen,
Und wie zwei Veilchen im frühen Mai,
Zwei blaue Augen klar und frei,
Die lachen auf ihren Wegen
Geöffnet ihr entgegen.

Glück auf, mein Liebchen ist erwacht
Mit purpurroten Wangen!
Ihr Fenster glitzert im Morgenstrahl
Und alle Blumen in Garten und Tal
Erwarten sie mit Sehnen,
Die Äuglein voller Tränen.

Es ist nichts Schöneres in der Welt,
Als diese grüne Erde,
Wenn man darauf ein Schätzlein hat,
Das still und innig, früh und spat,
Für einen lebt und blühet,
Ein heimlich Feuerlein, glühet.

Hallo, du später Jägersmann,
Was reibst du deine Augen?
Ich hab′ die ganze Nacht geschwärmt
Und mich am Mondenschein gewärmt
Und steige frisch und munter
Vom hohen Berg herunter.

Mein Mädchen durch den Garten geht
Und singt halblaute Weisen;
Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton,
Was gilt′s, ich habe sie alle schon
Heut nacht dort oben gesungen!
Sie sind herüber geklungen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Liebchen am Morgen von Gottfried Keller

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Liebchen am Morgen“ von Gottfried Keller ist eine Liebeserklärung, die die Freude des lyrischen Ichs an der Schönheit des Morgens und an der Präsenz seiner Geliebten zum Ausdruck bringt. Es ist in vier Strophen unterteilt, die jeweils unterschiedliche Aspekte der morgendlichen Szenerie und der Gefühlswelt des Sprechers beleuchten. Der Ton ist heiter und optimistisch, was durch die bildhafte Sprache und die positiven Naturbezüge verstärkt wird.

Die erste Strophe beschreibt den Sonnenaufgang und vergleicht die blauen Augen des Liebchens mit Veilchen. Dies etabliert sofort eine Verbindung zwischen der Natur und der geliebten Person, indem die Schönheit des Morgens mit der Schönheit des Mädchens gleichgesetzt wird. Die zweite Strophe setzt diese Freude fort und beschreibt das Erwachen des Mädchens und dessen strahlendes Aussehen. Die „purpurroten Wangen“ und die „Äuglein voller Tränen“ verleihen dem Bild eine zarte, fast kindliche Unschuld, die die Zuneigung des Sprechers weiter vertieft. Diese Szene wird durch die Erwähnung der Blumen in Garten und Tal, die das Mädchen erwarten, weiter verklärt.

Die dritte Strophe ist der eigentliche Höhepunkt des Gedichts, in dem die Liebe und das Glück des lyrischen Ichs zum Ausdruck kommen. Die Zeile „Es ist nichts Schöneres in der Welt, als diese grüne Erde“ unterstreicht die Bedeutung der Liebe als zentralen Wert im Leben des Sprechers. Die Metapher vom „heimlich Feuerlein, glühet“ drückt die tiefe, beständige Wärme und Leidenschaft der Liebe aus. Diese Zeilen sind ein Bekenntnis zu einer tiefen Verbundenheit und dem Wert einer harmonischen Beziehung, die früh und spät das Leben des Sprechers erfüllt.

Die vierte Strophe nimmt eine humorvolle Wendung und stellt einen Kontrast dar. Das lyrische Ich, hier als „Jägersmann“ bezeichnet, scheint die Nacht mit Träumen und der Sehnsucht nach seiner Geliebten verbracht zu haben. Es deutet an, dass er die Lieder, die sein Mädchen singt, bereits in der Nacht, im Mondenschein, „gesungen“ hat. Diese humorvolle Übertreibung unterstreicht die tiefe Verbundenheit und das Wissen, dass das lyrische Ich über das Mädchen hat, sowie die Freude an der gemeinsamen Erfahrung des Morgens und der Liebe. Das Gedicht endet mit einer fröhlichen und spielerischen Note, die die Gesamtaussage des Gedichts verstärkt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.