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Im roten Laubwerk voll Guitarren

Von

Im roten Laubwerk voll Guitarren
Der Mädchen gelbe Haare wehen
Am Zaun, wo Sonnenblumen stehen.
Durch Wolken fährt ein goldener Karren.

In brauner Schatten Ruh verstummen
Die Alten, die sich blöd umschlingen.
Die Waisen süß zur Vesper singen.
In gelben Dünsten Fliegen summen.

Am Bache waschen noch die Frauen.
Die aufgehängten Linnen wallen.
Die Kleine, die mir lang gefallen,
Kommt wieder durch das Abendgrauen.

Vom lauen Himmel Spatzen stürzen
In grüne Löcher voll Verwesung.
Dem Hungrigen täuscht vor Genesung
Ein Duft von Brot und herben Würzen.

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Gedicht: Im roten Laubwerk voll Guitarren von Georg Trakl

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Im roten Laubwerk voll Guitarren“ von Georg Trakl beschreibt eine herbstliche Szenerie, die von einer melancholischen Grundstimmung durchzogen ist. Trakl verwendet eine assoziative Bildsprache, die weniger eine konkrete Handlung erzählt, als vielmehr eine Atmosphäre der Vergänglichkeit, des Verfalls und der Einsamkeit vermittelt. Die Farben Rot, Gelb und Braun dominieren, was auf den Herbst als Jahreszeit der Reife und des Todes hindeutet. Das Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, wobei jede Strophe eine neue Facette dieser melancholischen Landschaft beleuchtet.

In der ersten Strophe werden zunächst idyllische Bilder beschworen: Mädchen mit gelbem Haar, Sonnenblumen und ein goldener Karren, der durch Wolken fährt. Doch bereits hier mischt sich ein Hauch von Unbehagen in die Szenerie, da die „Guitarren“ im Titel und das „wehen“ der Haare eine gewisse Unruhe suggerieren. Die zweite Strophe vertieft den Eindruck der Auflösung. Die Alten, die sich „blöd umschlingen“, wirken seltsam entrückt und verloren. Der Gesang der Waisen zur Vesper und das Summen der Fliegen verstärken das Gefühl von Vergänglichkeit und Verfall. Die Worte „blöd“ und „Verwesung“ sind besonders stark und wirken verstörend.

Die dritte Strophe führt die melancholische Stimmung fort und fügt eine persönliche Note hinzu. Die Frauen, die am Bach ihre Wäsche waschen, und die „Kleine“, die dem Dichter gefällt, sind Hinweise auf menschliche Beziehungen und das Verlangen nach Nähe. Der letzte Vers der Strophe, „Kommt wieder durch das Abendgrauen“, lässt die Sehnsucht des Sprechers nach einer bestimmten Person erahnen. Die letzte Strophe verstärkt nochmals das Gefühl des Verfalls, und die Natur wird als trügerisch dargestellt. Die Spatzen, die in die „grünen Löcher voll Verwesung“ stürzen, und der Duft von Brot, der dem Hungrigen Genesung vortäuscht, sind Metaphern für Täuschung und Vergänglichkeit.

Insgesamt erzeugt Trakl mit diesem Gedicht eine beklemmende Atmosphäre, in der die Schönheit der Natur mit dem Verfall und dem Tod verschmilzt. Das Gedicht ist ein Spiegelbild der menschlichen Existenz mit ihren Sehnsüchten, Ängsten und der Gewissheit der Vergänglichkeit. Die Verwendung von ungewöhnlichen Wortkombinationen und der Verzicht auf eine klare narrative Struktur unterstreichen die surreale und traumartige Qualität des Gedichts, das beim Leser einen nachhaltigen Eindruck von Melancholie und dem unaufhaltsamen Lauf der Zeit hinterlässt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.