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Gesang einer gefangenen Amsel

Von

Dunkler Odem im grünen Gezweig.
Blaue Blumchen umschweben das Antlitz
Des Einsamen, den goldnen Schritt
Ersterbend unter dem Ölbaum.
Aufflattert mit trunknem Flugel die Nacht.
So leise blutet Demut,
Tau, der langsam tropft vom blühenden Dorn.
Strahlender Arme Erbarmen
Umfängt ein brechendes Herz.

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Gedicht: Gesang einer gefangenen Amsel von Georg Trakl

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Gesang einer gefangenen Amsel“ von Georg Trakl entfaltet eine düstere, melancholische Atmosphäre, die von Themen wie Einsamkeit, Verfall und dem Leid des Menschen geprägt ist. Das Bild der gefangenen Amsel ist zentral und fungiert als Metapher für die gefangene Seele, die in einer unwirtlichen Umgebung nach Trost sucht. Die poetische Sprache, reich an symbolischen Bildern und Farbmomenten, vermittelt ein Gefühl der Verlorenheit und des Schmerzes.

Die beschriebenen Szenen sind von einer tiefen Traurigkeit durchzogen. „Dunkler Odem im grünen Gezweig“ eröffnet das Gedicht mit einem Hauch von Verwesung, der die Natur durchdringt. Die „blauen Blümchen“ um das Antlitz des „Einsamen“ legen den Fokus auf Isolation und die allgegenwärtige Präsenz des Todes, das das lyrische Ich begleitet. Der „goldne Schritt“ deutet auf vergangene Pracht und Schönheit hin, die nun unter einem Ölbaum, einem Symbol für Leiden und Tod, erlischt. Die Nacht, die mit „trunknem Flügel“ aufflattert, verstärkt das Gefühl des Abstiegs und der Hoffnungslosigkeit.

Die Zeilen „So leise blutet Demut, / Tau, der langsam tropft vom blühenden Dorn“ verstärken das Bild von Schmerz und Opferbereitschaft. Die Demut, ein Symbol für das Erleiden von Leid, wird mit dem sanften Tropfen von Tau aus einem blühenden Dorn, einem paradoxen Bild der Schönheit und des Schmerzes, verbunden. Der Schmerz ist leise und unaufhaltsam, wie der Tau, der kontinuierlich fällt. Die Metapher verstärkt das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, da selbst die Natur in diesem Gedicht von Leid durchzogen ist.

Das Gedicht findet einen Moment der Hoffnung im „strahlenden Arme Erbarmen“, die ein „brechendes Herz“ umfassen. Obwohl das Gedicht mit Verfall und Leid beginnt, scheint es hier einen Hauch von Erlösung oder zumindest von Mitgefühl anzudeuten. Das „brechende Herz“ symbolisiert das Leid des Gefangenen, das durch das Erbarmen der „strahlenden Arme“ zumindest für einen Moment gelindert wird. Trotz der Hoffnung bleibt das Gedicht tiefgründig melancholisch, da die rettende Geste des Erbarmens isoliert und dem tiefen Schmerz der anderen Strophen gegenübergestellt wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.