Hygin, du bist von sechzig Jahren,
Und nur im Kränkeln unerfahren.
Das Podagra, der Krampf, die Gicht
Verbittern dir den Steinwein nicht.
Dich kann kein Arzt zu Elixiren,
Zum Lebensöl, zum Salz verführen:
Macht er dir Aphorismos kund,
So lachst du, bist und bleibst gesund.
Ein andrer zähle seine Tage,
Und rechne nicht die Zeit der Plage,
Noch was vom Leben überhaupt
Schmerz, Krankheit oder Kummer raubt;
So scheinen ihm die Jahre minder:
Wir heißen alt, und sind noch Kinder.
Dem, der mir Nestors Dauer preist,
Und Priams Alter trefflich heißt,
Dem werd′ ich nimmer Beifall geben:
Nur die Gesundheit ist das Leben.
An Hygin, einen gesunden Alten
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An Hygin, einen gesunden Alten“ von Friedrich von Hagedorn preist die Bedeutung der Gesundheit als höchstes Gut und wahres Lebenselixier. Der Dichter wendet sich direkt an Hygin, einen Mann im Alter von sechzig Jahren, der sich trotz seines fortgeschrittenen Alters bester Gesundheit erfreut. Die erste Strophe beschreibt die üblichen Altersbeschwerden wie Gicht und Krampf, denen Hygin jedoch trotzt. Dies unterstreicht die zentrale Botschaft des Gedichts: Nicht die Zahl der Jahre, sondern der Zustand des Körpers und die Fähigkeit, sich trotz Widrigkeiten zu behaupten, definieren das wahre Lebensgefühl.
Hagedorn kritisiert in der zweiten Strophe die Abhängigkeit von medizinischen Mitteln und die Suche nach künstlichen Lebensverlängerungen. Er hebt hervor, dass Hygin sich von Ärzten und ihren „Elixiren“ und „Salzen“ nicht verführen lässt. Stattdessen bewahrt er sich seine Gesundheit und Lebensfreude, indem er die „Aphorismos“ der Ärzte mit einem Lächeln quittiert. Dies verdeutlicht die Überzeugung des Dichters, dass wahre Gesundheit von innen kommt und nicht durch äußere Einflüsse erzwungen werden kann. Der Fokus liegt auf der natürlichen Lebensweise und der positiven Einstellung gegenüber dem Alterungsprozess.
Die dritte Strophe erweitert diese Betrachtung, indem sie die Vergänglichkeit des Lebens und die relative Bedeutung von Schmerz und Kummer thematisiert. Hagedorn wendet sich von denjenigen ab, die sich von den negativen Aspekten des Alterns dominieren lassen und ihre Lebenszeit in der Aufzählung von Beschwerden und Leiden vergeuden. Durch diese Abgrenzung betont er, dass das wahre Leben nicht durch die Abwesenheit von Krankheit oder Leiden, sondern durch die Fähigkeit, diese zu überwinden und das Leben in vollen Zügen zu genießen, definiert wird. Die Metapher von „Kindern“, die trotz ihres Alters jung geblieben sind, verstärkt diesen Gedanken.
In der abschließenden Strophe stellt Hagedorn klar, dass er die traditionelle Vorstellung von hohem Alter und langer Lebensdauer, wie sie in der griechischen Mythologie durch Nestor und Priam repräsentiert werden, ablehnt. Er legt den Fokus auf die Gesundheit als den entscheidenden Faktor für ein erfülltes Leben, unabhängig von der Anzahl der Lebensjahre. Das Gedicht ist somit eine Ode an die Lebensfreude und ein Plädoyer für eine positive Lebenseinstellung, die die Gesundheit als Grundlage für ein glückliches und erfülltes Dasein betrachtet.
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