Der Winter [3]
Wenn ungesehn und nun vorüber sind die Bilder
Der Jahreszeit, so kommt des Winters Dauer,
Das Feld ist leer, die Ansicht scheinet milder,
Und Stürme wehn umher und Regenschauer.
Als wie ein Ruhetag, so ist des Jahres Ende,
Wie einer Frage Ton, daß dieser sich vollende,
Alsdann erscheint des Frühlings neues Werden,
So glänzet die Natur mit ihrer Pracht auf Erden.
Mit Untertänigkeit
Scardanelli.
d. 24 April 1849.
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![Gedicht: Der Winter [3] von Friedrich Hölderlin](https://poesie-oase.de/wp-content/uploads/2025/07/poem_der_winter_3_friedrich_h_lderlinz2441.webp)
Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Winter“ von Friedrich Hölderlin zeichnet ein Bild vom Ende des Jahres und dem Übergang zum Winter. Der Dichter beschreibt die Veränderungen in der Natur und die damit einhergehende Stimmung. Die ersten beiden Verse etablieren die Vergänglichkeit der Jahreszeiten und leiten direkt zum „Winters Dauer“ über, wodurch ein Gefühl des Abschlusses und der Stille erzeugt wird. Die Beschreibung des leeren Feldes und der „Stürme wehn umher und Regenschauer“ verstärkt diese düstere, doch auch irgendwie beruhigende Atmosphäre.
Der zweite Teil des Gedichts interpretiert den Winter als eine Phase der Ruhe und des Innehaltens. Hölderlin vergleicht den Jahresabschluss mit einem „Ruhetag“ und stellt die Frage nach dem Vollenden, was auf das bevorstehende Ende des Winters und den Neuanfang des Frühlings hindeutet. Diese Metapher deutet auf einen Kreislauf hin, in dem der Winter als eine notwendige Phase der Vorbereitung auf das „neues Werden“ des Frühlings dient. Die Natur wird mit ihrer „Pracht auf Erden“ glänzen, was die Hoffnung auf einen Neuanfang und eine Wiedergeburt der Schönheit impliziert.
Die Struktur des Gedichts ist durch eine klare Zweiteilung geprägt. Die ersten vier Verse beschreiben das äußere Bild des Winters mit seinen stürmischen und leeren Landschaften. Die letzten vier Verse gehen tiefer und interpretieren den Winter als eine Phase des Rückzugs und der Vorbereitung auf den Frühling. Diese Gliederung spiegelt die Dualität des Winters wider: einerseits die sichtbare Stille und Kälte, andererseits die verborgene Hoffnung auf Erneuerung und Wachstum.
Die abschließende Zeile „Mit Untertänigkeit Scardanelli. d. 24 April 1849.“ offenbart den Autor und das Datum der Niederschrift. „Scardanelli“ ist das Pseudonym, das Hölderlin in seinen späten Lebensjahren verwendete, was dem Gedicht eine zusätzliche, melancholische Note verleiht. Es erinnert uns daran, dass das Gedicht in einer Zeit entstanden ist, in der der Dichter durch seine psychische Erkrankung isoliert und möglicherweise mit der Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert war. Dies verleiht dem Gedicht eine tiefere Bedeutung, da es sich nicht nur mit der Natur, sondern auch mit der menschlichen Erfahrung von Vergänglichkeit und Hoffnung auseinandersetzt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.