Meiner Tochter Christine ins Gebetbuch
Das Mägdlein tritt im weißen Feierkleid
Zum erstenmal vor Gott an den Altar,
Und auch der Greisin hält man es bereit,
Die niedersinkt an ihrer Totenbahr′
Doch ich, du teures Kind, ich wünsche dir,
Daß, wie am ersten und am letzten Tag,
Dir dies Gewand, der Unschuld ew′ge Zier,
An jedem andern auch geziemen mag.
Dir schmückt die junge Brust ein Myrtenzweig,
Und eine Rosenknospe glänzt dabei:
O, werde du der frommen Myrte gleich,
Damit dein Schicksal das der Rose sei!
Sie trägt nicht immerdar das freud′ge Rot,
Wenn sie sich löst aus ihrer Knospe Grün,
Doch, ob sie auch so bleich ist, wie der Tod,
Ihr Kelch bewahrt ein letztes stilles Glühn.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Meiner Tochter Christine ins Gebetbuch“ von Friedrich Hebbel ist eine liebevolle und zugleich nachdenkliche Betrachtung über das Leben und die Zukunft seiner Tochter. Es ist ein Vater, der seine Tochter anlässlich ihrer Erstkommunion oder eines ähnlichen religiösen Ereignisses segnet und ihr Wünsche für ein erfülltes Leben mit auf den Weg gibt. Die Verse sind von einer tiefen Zuneigung und dem Wunsch nach Unschuld und Beständigkeit geprägt.
Hebbel beginnt mit dem Bild des „Mägdleins im weißen Feierkleid“, das am Altar steht. Diese Zeile evoziert ein Gefühl von Reinheit und Unschuld, das durch das weiße Kleid noch verstärkt wird. Der Kontrast zur „Greisin“ am Ende ihres Lebens, die auf ihrer Totenbahr liegt, deutet auf die Vergänglichkeit des Lebens hin und erinnert an die unterschiedlichen Phasen, die das Leben durchläuft. Der Dichter wünscht seiner Tochter, dass sie ihre Unschuld bewahren möge, wie sie sie an diesem besonderen Tag zur Schau stellt. Er hofft, dass dieses Kleid der Unschuld, die „ew′ge Zier“, ihr ein Leben lang erhalten bleibt.
Im zweiten Abschnitt werden konkrete Wünsche für Christines Zukunft formuliert. Der Autor erwähnt den „Myrtenzweig“ und die „Rosenknospe“, die die junge Brust schmücken. Diese Symbole stehen für Reinheit, Liebe und Schönheit. Der Vater wünscht seiner Tochter, dass sie so fromm und beständig wie die Myrte und so liebenswert wie die Rose sein möge. Die Metapher der Rose wird im dritten Abschnitt weitergeführt. Die Rose symbolisiert das Leben, das sich entfaltet, aber auch dem Wandel und der Vergänglichkeit unterworfen ist.
Der letzte Teil des Gedichts beschreibt das Schicksal der Rose. Sie behält nicht immer ihre leuchtende Farbe. Doch auch wenn ihre Blütenblätter verblassen, bewahrt sie eine stille Glut in ihrem Kelch. Dies ist eine tiefgründige Botschaft: Das Leben ist nicht immer von Freude und Glück geprägt, aber auch in schwierigen Zeiten kann man innere Schönheit, Stärke und Würde bewahren. Der Vater scheint seiner Tochter zu vermitteln, dass es im Leben auch Phasen des Schmerzes und der Trauer geben wird, aber selbst dann soll sie eine innere Wärme und einen Funken Hoffnung bewahren. Das Gedicht ist somit nicht nur eine Segnung, sondern auch eine Vorbereitung auf die Herausforderungen des Lebens.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.