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Zum Myrthen- und zum Silberkranz

Von

Zu dem heitersten Chor auch des festlichsten Tags, zu der Flöten melodischem Lustklang,
Ein bedächtiges Wort, ein erinnersam Wort und ein mahnendes Wort für die Zukunft
Sei der Dichtung gegönnt, die, ein heilig Geleit, uns des Lebens verworrene Töne
Wie beschwichtigend weiht in der Rhythmen Gewog und in Silberaccorden der Harfe.

O wie wahr sie doch ist und wie tief und wie alt, in unzähligen Seufzern bekundet,
Um den Wechsel des Glücks und den Wandel der Zeit und das Welken der Jugend die Klage!
Wie die Blätter am Baum, so erblüh′n und vergeh′n sie, die schwindenden Menschengeschlechter. – –
Weissagen ist gut, verkünden ist leicht und es rundet von selbst das Gedicht sich,
Wenn den Kindern man in der Aeltern Geschick mag zeigen das glücklichste Vorbild.
Denn weit schöner fürwahr als ein jedes Gedicht ist was wir hier schau′n als Erlebniß.

Und so glücklich Ihr seid und so warm Ihr Euch liebt, o Du Par in der grünenden Myrthe,
O viel glücklicher doch ist das silberne Par und vertiefter die ältere Liebe:
Denn die wirkliche Liebe, sie wächst mit der Zeit und erstarkt in Schmerzen die Wurzel.
Ja, selig das Par, das, von Freunden umschart, auf Vergangenes freudig zurück blickt
Und von Hoffnung beseelt für ein kommendes Glück in den Kindern sich selber verjüngt schaut.

Denn das ist uns der Trost in der Klage zugleich, daß die Menschen wie Blüthen am Baum sind,
Daß die Menschen auch, gleich wie die Früchte am Baum, in der eigenen Art sich verjüngen.
Und was einmal an Glück wir, an reinem, geschöpft aus der hastenden Woge des Lebens, –
Nicht flüchtiger Schaum ist′s, gehascht und verrauscht: nein, die Treue verwandelt′s in Perlen,
Und das flüß′ge Geträuf, zum Kristalle geballt, es umkrönt uns das Haupt diademgleich.

So in edelstem Ernst denn erfasset mein Wort:
Da die Lust wir geprüft und die Muse sie hat
Zur Begeistrung geweiht, – denn Begeistrung nur
Ist das wirkliche Glück, nicht versprühender Schaum,-
So erhebt den Pokal wie zu heiliger That:
Und es brause der Ruf:
Das Alt-Par hoch und das Jung-Par.

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Gedicht: Zum Myrthen- und zum Silberkranz von Felix Dahn

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zum Myrthen- und zum Silberkranz“ von Felix Dahn ist eine feierliche Ode, die sich an ein Brautpaar richtet und die Themen Liebe, Zeit, Vergänglichkeit und bleibendes Glück in den Mittelpunkt stellt. Es ist in einer gehobenen, poetischen Sprache verfasst und enthält Elemente der Mahnung, des Trostes und der Hoffnung.

In den ersten Strophen thematisiert Dahn die Vergänglichkeit und den Wandel der Zeit, indem er einen Vergleich zwischen dem Menschen und den Blättern eines Baumes zieht, die blühen und vergehen. Er betont die Tiefe und Wahrheit der Klage über den Verlust der Jugend und den Wechsel des Glücks. Trotz dieser melancholischen Grundstimmung wird das Gedicht durch die Anerkennung der Schönheit und Bedeutung von Erfahrung und Erlebtem ausgeglichen, was darauf hindeutet, dass wahres Glück in der Tiefe der gelebten Zeit zu finden ist. Die Erwähnung der „Rhythmen“ und „Silberakkorde“ deutet auf die tröstende Kraft der Kunst hin, die in der Lage ist, die „verworrenen Töne“ des Lebens zu beschwichtigen.

Die mittleren Strophen widmen sich direkt dem Brautpaar und heben die Bedeutung der Liebe hervor. Dabei wird zwischen dem jungen Paar und dem älteren, verheirateten Paar unterschieden. Während das junge Paar von der „grünenden Myrthe“ umgeben ist, wird dem silbernen Paar, der älteren Liebe, mehr Tiefe und Beständigkeit zugeschrieben. Die wahre Liebe wächst mit der Zeit und erstarkt in Schmerzen, was ein starkes Bekenntnis zur Beständigkeit und zum Wert einer langjährigen Beziehung darstellt. Der Rückblick auf vergangenes Glück und die Hoffnung auf zukünftiges Glück in den Kindern veranschaulichen die ewige Erneuerung und den Kreislauf des Lebens.

Die letzten Strophen bieten einen Trost, indem sie die Kontinuität des Lebens betonen: Wie die Früchte am Baum sich in ihrer Art verjüngen, so werden auch die Menschen durch ihre Kinder erneuert. Dahn verwandelt die Klage über die Vergänglichkeit in eine Feier der Treue und des bleibenden Glücks. Er betont, dass wahres Glück nicht in flüchtigem Schaum besteht, sondern in der Treue, die das Leben in Perlen verwandelt. Der Aufruf, den Pokal zu erheben und dem alten und jungen Paar zuzujubeln, mündet in einem festlichen Schlussakkord, der die Feier der Liebe und des Lebens abschließt. Das Gedicht ist also eine Feier der Liebe, der Treue und der Bedeutung der Zeit, in der wahres Glück seinen festen Platz findet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.