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Schnee-Masken

Von

Es hat der Schnee über Nacht
Meine Totenmaske gemacht

Weiß war das Lachen des Schnees
Und meinen Schatten verwandelt
Er in ein Fastnachtsgewand

Ein Sturm von goldenen Triangeln
Hat plötzlich die tönende Stadt
Gehoben aus all ihren Angeln

Im tausendjährigen Licht
Wurden die Türme der Zeit
Von ihren Ankern befreit

Der Schnee hat über Nacht
Mein Traumgesicht wahrgemacht

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Schnee-Masken von Yvan Goll

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schnee-Masken“ von Yvan Goll entfaltet eine geheimnisvolle, fast surreale Szenerie, in der der Schnee als gestaltende Kraft erscheint. Es thematisiert Verwandlung, Vergänglichkeit und die Grenze zwischen Traum und Realität.

In der ersten Strophe wird der Schnee mit einer Totenmaske verglichen – ein starkes Bild, das sowohl auf Erstarrung als auch auf eine neue Identität hindeutet. Der Schnee verhüllt, verändert und formt, sodass das lyrische Ich nicht mehr dieselbe Gestalt hat wie zuvor. Dies setzt sich in der zweiten Strophe fort: Der eigene Schatten wird in ein „Fastnachtsgewand“ verwandelt, ein Symbol für Maskerade und Vergänglichkeit, das zugleich an den Karneval als eine Zeit des Übergangs erinnert.

Dann weitet sich das Bild von der persönlichen Verwandlung auf die ganze Stadt aus. Ein „Sturm von goldenen Triangeln“ hebt die Stadt aus ihren Angeln – als würde die Realität aufgelöst und in einen traumartigen Schwebezustand versetzt. Die Türme der Zeit werden von ihren Ankern befreit, als ob die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sich im „tausendjährigen Licht“ auflösen und die Grenzen der Zeit verschwimmen.

Die letzte Strophe bringt eine fast magische Wende: Der Schnee hat das „Traumgesicht“ des lyrischen Ichs wahr gemacht. Dies kann bedeuten, dass die sonst verborgenen inneren Sehnsüchte durch den Schnee ans Licht kommen, oder dass der Traum und die Wirklichkeit miteinander verschmelzen. „Schnee-Masken“ ist somit ein Gedicht über die poetische Kraft der Verwandlung – ein Spiel mit Identität, Zeit und Wahrnehmung, das in seiner geheimnisvollen Bildhaftigkeit besonders eindrucksvoll ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.