Karawane der Sehnsucht
Unserer Sehnsucht lange Karawane
Findet nie die Oase der Schatten und Nymphen!
Liebe versengt uns, Vögel des Schmerzes
Fressen immerzu unser Herz aus.
Ach wir wissen von kühlen Wassern und Winden:
Überall könnte Elysium sein!
Aber wir wandern, wir wandern immer in Sehnsucht!
Irgendwo springt ein Mensch aus dem Fenster,
Einen Stern zu haschen, und stirbt dafür,
Irgendeiner sucht im Panoptikum
Einen wächsernen Traum und liebt ihn –
Aber ein Feuerland brennt uns allen im lechzenden Herzen,
Ach, und flössen Nil und Niagara
Über uns, wir schrien nur durstiger auf!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Karawane der Sehnsucht“ von Yvan Goll thematisiert die rastlose Suche des Menschen nach Erfüllung, die jedoch nie endgültig gestillt werden kann. Die Karawane der Sehnsucht, ein zentrales Bild des Gedichts, steht für die ewige Wanderung, das unaufhörliche Streben nach Glück, das stets unerreichbar bleibt.
Die Naturbilder verstärken diese existenzielle Rastlosigkeit. Die Oase – ein Ort der Erfüllung – bleibt unauffindbar, während „Liebe versengt“ und „Vögel des Schmerzes“ das Herz verzehren. Diese metaphorische Darstellung zeigt die Widersprüchlichkeit menschlicher Sehnsucht: Wir wissen um Orte des Glücks, um „kühle Wasser und Winde“, doch unsere Natur treibt uns weiter. Das Glück scheint immer anderswo zu sein.
Besonders eindrucksvoll ist die Darstellung der verzweifelten Versuche, diese Sehnsucht zu stillen. Menschen stürzen sich in waghalsige Träume – sei es die Jagd nach einem Stern oder die Liebe zu einer künstlichen Illusion. Doch selbst wenn sich das ersehnte Glück nähert, bleibt das Herz ungestillt: Das innere Feuer, das Verlangen nach mehr, lodert unaufhörlich weiter. Die Schlussszene mit Nil und Niagara als überströmende Fluten, die den Durst nicht löschen können, verstärkt die zentrale Aussage des Gedichts: Das menschliche Verlangen ist grenzenlos und unerfüllbar.
Goll gelingt es, die Sehnsucht als essenzielles Element menschlicher Existenz darzustellen. Die poetische Sprache, geprägt von starken Bildern und klangvoller Melancholie, vermittelt eindringlich das Gefühl eines nie endenden Suchens, das gleichermaßen tragisch wie universell ist.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.