Der Staubbaum
Ein Staubbaum wächst
Ein Staubwald überall wo wir gegangen
Und diese Staubhand weh! rühr sie nicht an!
Rings um uns steigen Türme des Vergessens
Türme die nach innen fallen
Aber noch bestrahlt von deinem orangenen Licht!
Ein Staubvogel fliegt auf
Die Sage unsrer Liebe lass ich in Quarz verwahren
Das Gold unsrer Träume in einer Wüste vergraben
Der Staubwald wird immer dunkler
Weh! Rühr diese Staubrose nicht an!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Staubbaum“ von Yvan Goll thematisiert Vergänglichkeit, Erinnerung und den Verlust der Liebe. Durch die zentrale Metapher des „Staubbaums“ und des „Staubwaldes“ entsteht eine trostlose, beinahe apokalyptische Landschaft, die das Vergehen von Liebe und Erinnerungen symbolisiert.
Die erste Strophe beschreibt das Nachwirken einer vergangenen Existenz – überall, wo das lyrische Ich und sein Gegenüber gegangen sind, bleibt nur Staub zurück. Der Staub steht hier für Vergänglichkeit und Zerfall, und die Mahnung „weh! rühr sie nicht an!“ unterstreicht die Fragilität der Erinnerungen. Die Türme des Vergessens, die „nach innen fallen“, verstärken dieses Bild: Die Vergangenheit stürzt in sich selbst zusammen, bleibt aber für einen kurzen Moment noch vom „orangenen Licht“ der Erinnerung erhellt.
In der dritten Strophe zeigt sich die bewusste Entscheidung, die Überreste der Liebe zu konservieren: Die „Sage unsrer Liebe“ soll in Quarz verwahrt, die goldenen Träume in der Wüste vergraben werden. Doch statt einer dauerhaften Bewahrung breitet sich Dunkelheit aus – der „Staubwald wird immer dunkler“, und auch die letzte Mahnung, die „Staubrose“ nicht zu berühren, verdeutlicht, dass selbst die schönsten Erinnerungen verblassen und nicht festgehalten werden können.
Goll erschafft in diesem Gedicht eine eindringliche Allegorie der Vergänglichkeit. Die poetischen Bilder verbinden Natur und Zeit auf melancholische Weise: Die Liebe mag einst lebendig gewesen sein, doch am Ende bleibt nur Staub – ein Sinnbild für das Unaufhaltsame des Vergessens.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.