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Der Mond lügt

Von

Der Mond malt ein groteskes Muster an die Mauer.
Grotesk? Ein helles Viereck, kaum gebogen,
von einer Anzahl dunkelgrauer
und schmaler Linien durchzogen.
Ein Fischernetz? Ein Spinngewebe?
Doch ach, die Wimper zittert,
wenn ich den Blick zum Fenster hebe:
Es ist vergittert!

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Gedicht: Der Mond lügt von Wolfgang Borchert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Mond lügt“ von Wolfgang Borchert spielt mit den Wahrnehmungen und Gedanken des lyrischen Ichs, um eine tiefe, existenzielle Unsicherheit und Verunsicherung auszudrücken. Die erste Zeile des Gedichts beschreibt das Bild des Mondes, der „ein groteskes Muster an die Mauer malt“. Die Verwendung des Begriffs „grotesk“ weist auf eine Verzerrung der Realität hin, die das Bild von etwas, das auf den ersten Blick schön erscheinen könnte, als beängstigend und unheimlich entstellt. Das „helle Viereck“ und die „dunkelgrauen Linien“ verstärken diesen Eindruck und verweisen möglicherweise auf die Fragmentierung der Welt des lyrischen Ichs.

Die Frage, ob es sich bei den Linien um ein „Fischernetz“ oder ein „Spinngewebe“ handelt, zeigt die Verwirrung des lyrischen Ichs und seine Unfähigkeit, klare, stabile Wahrnehmungen zu haben. Das Bild bleibt unbestimmt, was eine metaphorische Darstellung für die Unsicherheit des Lebens und die Schwierigkeit, die Welt um sich zu verstehen, sein könnte. Der Versuch, das Bild zu deuten, bleibt scheitern, was die Flüchtigkeit und Unbestimmtheit von Wahrnehmung und Realität betont.

Der entscheidende Wendepunkt des Gedichts erfolgt in der letzten Zeile, in der der Sprecher erkennt, dass das Bild nicht einfach ein verworrenes Netz oder Gewebe ist, sondern dass „es vergittert“ ist. Dies stellt die gesamte Wahrnehmung auf den Kopf und führt zu einer erschreckenden Erkenntnis: Das Muster des Mondes, das zunächst harmlos und poetisch erschien, entpuppt sich als Symbol einer Gefangenheit. Das Gitter steht für eine Einschränkung, ein Gefühl der Gefangenschaft, das sich plötzlich über das lyrische Ich legt.

Insgesamt zeigt Borchert in „Der Mond lügt“ die Zerbrechlichkeit der Wahrnehmung und die existenzielle Bedrohung, die sich in der Unklarheit der Welt manifestiert. Der Mond, der anfangs als friedliches, schönes Bild erscheint, wird zum Symbol für die Entfremdung und die Unfreiheit, die das lyrische Ich empfindet. Das Gedicht lässt den Leser in einer Atmosphäre der Unsicherheit und des Unbehagens zurück.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.