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Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt

Von

Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt,
Und daß ich endlich scheiden muß,
Daß endlich doch das letzte Lied
Und endlich kommt der letzte Kuß.

Noch häng ich fest an deinem Mund
In schmerzlich bangender Begier;
Du gibst der Jugend letzten Kuß,
Die letzte Rose gibst du mir.

Du schenkst aus jenem Zauberkelch
Den letzten goldnen Trunk mir ein;
Du bist aus jener Märchenwelt
Mein allerletzter Abendschein.

Am Himmel steht der letzte Stern,
O halte nicht dein Herz zurück;
Zu deinen Füßen sink ich hin,
O fühl′s, du bist mein letztes Glück!

Laß einmal noch durch meine Brust
Des vollsten Lebens Schauer wehn,
Eh seufzend in die große Nacht
Auch meine Sterne untergehn.

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Gedicht: Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt“ von Theodor Storm thematisiert auf eindringliche Weise das Bewusstsein des nahenden Todes und die damit verbundene Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Es ist ein Abschiedslied, das die Flüchtigkeit des Lebens und die Intensität der Liebe im Angesicht des Todes beschreibt. Die Verwendung von Adjektiven wie „letzte“ und „endlich“ in jeder Strophe verdeutlicht die Unausweichlichkeit des Endes und unterstreicht die Vergänglichkeit des Daseins.

Die erste Strophe etabliert das zentrale Thema des Gedichts: die Wahrnehmung des Lebens, das wie ein Fluss dahinfließt und die unausweichliche Aussicht auf den Tod. Die Worte „scheiden muß“ und „letzte Kuß“ deuten auf den Abschied von der Welt und den Wunsch nach einem letzten Moment der Intimität hin. Die folgenden Strophen intensivieren diese Sehnsucht und richten sich an eine geliebte Person, die als Quelle von Trost und Glück fungiert. Die Dichterseele klammert sich an ihren Mund, ihre Jugend und ihre Küsse. Die Worte „schmerzlich bangender Begier“ offenbaren die innige Zuneigung und die Angst vor dem Verlust.

In der dritten Strophe wird die geliebte Person mit zauberhaften Bildern in Verbindung gebracht, die an eine Märchenwelt erinnern. Der „Zauberkelch“ und der „goldne Trunk“ symbolisieren die Glückseligkeit und die Schönheit, die der Dichter in der Liebe findet. Sie wird als „allerletzter Abendschein“ beschrieben, was die Bedeutung dieser Liebe in den letzten Stunden des Lebens noch verstärkt. Die Metapher des „Abendscheins“ deutet auf das Ende des Tages und die bevorstehende Dunkelheit hin, was die Nähe des Todes verdeutlicht.

Die letzte Strophe ist ein leidenschaftlicher Appell an die Geliebte, die sich nicht zurückhalten soll. Der Dichter wünscht sich noch einmal die Intensität des Lebens, bevor seine „Sterne“ in der „großen Nacht“ untergehen. Die Zeile „Zu deinen Füßen sink ich hin, / O fühl’s, du bist mein letztes Glück!“ verdeutlicht die völlige Hingabe und die Hoffnung, in den Armen der geliebten Person Trost und Geborgenheit zu finden. Die Verwendung von Naturmetaphern wie „Sterne“ und „Nacht“ verstärkt das Gefühl der Vergänglichkeit und die Verbindung des Menschen mit der Natur.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.