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Venus des Capitols

Von

Götter steigen herab in menschliche Hülle sich bergend,
Und dem Sterblichen mischt gern sich das Himmlische bei.
Sinnlicher Fülle hast du, uranische geistige Schönheit,
All‘ dein Wesen und Sein, all‘ dein Geheimniß vertraut.
Weib ist die Göttin, vergängliche Form hat das Ew’ge gewählet,
Aber das Sinnliche wirkt auch auf das Sinnliche nur.

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Gedicht: Venus des Capitols von Wilhelm Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Venus des Capitols“ von Wilhelm Waiblinger beschäftigt sich mit der Verbindung von Göttlichem und Menschlichem sowie der Wechselwirkung von geistiger und sinnlicher Schönheit. Zu Beginn stellt der Dichter die Idee vor, dass „Götter herabsteigen in menschliche Hülle sich bergend“, was auf eine Verschmelzung von göttlichem und irdischem Wesen hindeutet. Die Götter, die in menschlicher Gestalt erscheinen, symbolisieren das Ideal und das Himmlische, das in die Welt der Sterblichen eintaucht und in dieser menschlichen Form eine sinnliche Präsenz findet. Die Zeile „dem Sterblichen mischt gern sich das Himmlische bei“ verweist auf die Idee, dass das Göttliche und das Menschliche nicht strikt getrennt sind, sondern miteinander verwoben werden können.

In der nächsten Zeile wird „Sinnlicher Fülle“ und „uranische geistige Schönheit“ genannt, was auf die Verbindung von körperlicher Schönheit mit einer höheren, geistigen oder spirituellen Dimension hinweist. Die „uranische“ Schönheit bezieht sich möglicherweise auf die himmlische, göttliche Liebe, die aus der antiken Mythologie stammt und mit den Göttern des Himmels assoziiert wird, besonders mit Uranos, dem Gott des Himmels. Waiblinger deutet an, dass das Wesen der Venus, die Göttin der Liebe, sowohl die sinnliche als auch die geistige Schönheit umfasst – eine Schönheit, die sowohl im Körper als auch im Geist wohnt. Diese Verknüpfung von Geist und Körper bringt das Geheimnis der göttlichen Schönheit zum Vorschein, das den Betrachter sowohl auf sinnlicher als auch auf metaphysischer Ebene anspricht.

Die Vorstellung der „vergänglichen Form“ wird eingeführt, um den Gegensatz zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen zu thematisieren. Die Venus als Göttin wählt bewusst eine „vergängliche Form“ – den menschlichen Körper – um das Ewige und Unsterbliche in einer sterblichen Welt erfahrbar zu machen. Diese Entscheidung spiegelt eine Philosophie wider, die das Vergängliche als Medium für das Unvergängliche begreift. Es ist die Form, die das Göttliche annehmen muss, um in der Welt der Sterblichen wirksam zu werden. Doch die Erkenntnis, dass „das Sinnliche auch auf das Sinnliche wirkt“, führt zu einer tiefen Wahrheit über die Begrenztheit des physischen Körpers und der menschlichen Wahrnehmung. Waiblinger zeigt, dass das Sinnenhafte in der menschlichen Welt bleibt und der göttliche Einfluss nur durch den menschlichen Körper und seine Sinnlichkeit wahrgenommen werden kann.

Insgesamt vermittelt das Gedicht eine komplexe Vision von Schönheit, die sowohl geistig als auch sinnlich ist. Waiblinger spricht von der Verbindung des Göttlichen mit dem Menschlichen und zeigt, wie die göttliche Präsenz in einer „vergänglichen Form“ erlebbar wird. Dabei bleibt die Erkenntnis, dass die spirituelle und körperliche Schönheit miteinander verflochten sind und dass das Menschliche das Göttliche widerspiegeln kann, ohne es vollständig zu erfassen. Die Venus des Capitols wird so zu einem Symbol für die Verknüpfung von Himmel und Erde, Geist und Körper.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.