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Chiron

Von

Immer zu Pferde; schon kehret der Mond, schon füllt er die Scheibe
Und der sikulische Herbst sieht mich noch immer zu Pferd.
Fast ein Centaur erscheinet sich selbst der wandernde Sänger.
Wohl ihm, fände sein Lied einen gelehr’gen Achill.

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Gedicht: Chiron von Wilhelm Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Chiron“ von Wilhelm Waiblinger reflektiert auf eine tiefgründige und symbolische Weise die Themen des Wanderns, der Musik und der Verbindung zwischen Mensch und Natur. Zu Beginn wird das Bild eines Reiters („immer zu Pferde“) eingeführt, der durch die Nacht oder den sich verändernden Tag zieht. Der „Mond“ wird als Himmelskörper beschrieben, der „die Scheibe füllt“, was das Bild einer fast magischen, zyklischen Bewegung hervorruft – der Mond als Symbol für den Fluss der Zeit und die immerwährende Präsenz der Natur. Der „sikulische Herbst“, eine Zeit des Wandels und der Ernte, verstärkt die Assoziation mit einem Übergang oder einer Reise, die der Sprecher als ständigen Begleiter hat. Diese unaufhörliche Bewegung und der Wandel spiegeln sich im Bild des „zu Pferde“ sein wider, was eine Art von unaufhaltsamem Vorwärtsstreben suggeriert.

Der zweite Teil des Gedichts verknüpft die Reise des lyrischen Ichs mit der Figur des „Centauren“ – einem Wesen, das halb Mensch, halb Pferd ist. Der „wandernde Sänger“ fühlt sich in gewisser Weise wie ein Centaur, was auf eine Verbindung von Mensch und Natur, von Körper und Geist hinweist. Der Centaur steht hier als Symbol für das Streben nach einer harmonischen Einheit zwischen dem inneren Drang nach Freiheit (pferdehaft) und der künstlerischen Sehnsucht (menschlich). Diese Ambivalenz zwischen dem Wilden und dem Intellektuellen wird durch die Mischung der beiden Aspekte des Centauren auf poetische Weise thematisiert.

Das Gedicht endet mit einer Verknüpfung des eigenen Wunsches nach einem „gelehr’gen Achill“, der als Idealfigur und Mentor des Sängers hervorsticht. „Achill“, der berühmte griechische Held, wird hier als ein Symbol für die Suche nach Weisheit und Anerkennung dargestellt. Der wandernde Sänger sehnt sich nach einem Ziel oder einer Person, die ihm die Bedeutung seines Tuns erklärt oder bestätigt, ähnlich wie Achill in der antiken Mythologie die Kunst des Krieges meisterte. Doch die Erfüllung dieses Wunsches bleibt ein unerreichbares Ideal. Der Sänger bleibt auf seiner Reise, und das Gedicht schließt mit einem Gefühl der Unvollständigkeit und der Suche nach einem höheren Ziel, das jenseits des eigenen Erlebens liegt.

Insgesamt thematisiert das Gedicht die unaufhörliche Reise des Künstlers und den inneren Konflikt zwischen dem Drang nach Freiheit und der Suche nach geistiger Erfüllung. Die Verbindung von Natur und Kunst, die durch das Bild des Centauren symbolisiert wird, unterstreicht die Idee eines ständigen Streben nach Harmonie und Verständnis in einer sich ständig verändernden Welt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.