Ich hân mîn lehen
Ich hân mîn lehen, al die werlt, ich hân mîn lêhen.
nû envürhte ich niht den hornunc an die zêhen,
und will alle bœse hêrren dester minre vlêhen.
Der edel künec, der milte künec hât mich berâten,
daz ich den sumer luft und in dem winter hitze hân.
mîn nâhgebûren dunke ich verre baz getân:
si sehent mich niht mêr an in butzen wîs alsô si tâten.
ich bin ze lange arm gewesen ân mînen danc.
ich was sô voller scheltens daz mîn âtem stanc:
daz hât der künec gemachet reine, und dar zuo mînen sanc.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Ich hân mîn lehen“ von Walther von der Vogelweide spricht von der Freude und Dankbarkeit des Sprechers, nachdem er von einem „edlen König“ zu einem höheren Stand oder einer besseren Lebenssituation erhoben wurde. Die erste Strophe beschreibt, wie der Sprecher sich im Besitz eines „Lehens“ sieht, was auf ein landwirtschaftliches Stück Land oder auf ein ererbtes oder verliehenes Recht hindeutet. Dies stellt eine Verbesserung seiner Lage dar, was er durch das Bild von „Sommerluft“ und „Winterhitze“ verdeutlicht. Der Sprecher scheint sich nun in einem besseren Zustand zu befinden, als dies früher der Fall war.
In der zweiten Strophe beschreibt der Sprecher die Veränderungen, die durch den Königseinfluss in seinem Leben stattgefunden haben. Der König hat ihm Rat erteilt und ihn in eine bessere Lage versetzt. Der Sprecher fühlt sich nun von seinen Nachbarn oder Mitmenschen nicht mehr in der gleichen Weise angesehen und verachtet wie früher. Die „Butzenwîs“ könnten hier auf eine abfällige Haltung oder eine Zeit der Armut und Missachtung hindeuten. Der Sprecher hat sich vom „armen“ Zustand befreit, in dem er „voller Schelten“ und verachtet war, und ist jetzt dank der Hilfe des Königs in einer besseren Lage.
Die letzte Strophe zeigt, wie der König dazu beigetragen hat, den Sprecher zu reinigen und ihm einen neuen „Sanc“ (Lied, Ton, oder Ausdruck) zu geben, was vermutlich auf eine Veränderung in seinem sozialen und moralischen Status anspielt. Die Hilfe des Königs wird als befreiend und verändernd dargestellt, da der Sprecher jetzt in einer besseren Position ist und sich aus seiner alten, missachteten Rolle befreien konnte. Die Worte des Sprechers tragen eine Mischung aus Dankbarkeit und einem Gefühl der Erhebung, da er nun ein neues Leben führen kann.
Insgesamt thematisiert das Gedicht die Transformation des Sprechers von einem verachteten, armen Individuum hin zu einem erhobenen und respektierten Menschen, der durch die Hilfe des Königs in eine bessere Lebenssituation gelangt. Es handelt sich um ein Gedicht der sozialen und moralischen Erhebung, das die Bedeutung von Unterstützung und Fürsorge durch eine wohlwollende Autorität betont.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.