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Die Beiden

Von

Sie bog den Kopf in ihre Hände
Zurück; ein stummes Weinen war
In ihr – und er am andern Ende
Fuhr grübelnd durch sein vieles Haar.

Nur manchmal flog ein dunkles Hassen
Jäh in ihm auf – und wie zum Hohn
Ihr Stöhnen: Du darfst mich nicht verlassen –
Sein Achselzucken: Ich tat es schon!

Und dann kam leise ein Duft von frühen
Stunden ins kleine Zimmer herein:
Der Wind aus den Wiesen und das Blühen
Der Bäume und der junge Wein…

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Gedicht: Die Beiden von Walter Hasenclever

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Beiden“ von Walter Hasenclever beschreibt eine stille, aber intensive Szene einer zerbrechenden Beziehung. Bereits die erste Strophe macht die emotionale Distanz deutlich: Die Frau weint in sich hinein, während der Mann am anderen Ende des Raumes sitzt und gedankenverloren durch sein Haar fährt. Beide sind im Schmerz gefangen, jedoch auf unterschiedliche Weise – sie in Trauer und Hilflosigkeit, er in Grübelei und innerer Abwesenheit.

In der zweiten Strophe spitzt sich die Situation zu. Der Mann verspürt „dunkles Hassen“, eine plötzliche, unkontrollierte Aggression, während die Frau ihn mit der flehenden Bitte „Du darfst mich nicht verlassen“ zu erreichen versucht. Seine kühle Reaktion – ein einfaches Achselzucken mit der Bemerkung „Ich tat es schon“ – zeigt die emotionale Abgeschlossenheit und das bereits vollzogene innere Loslösen von der Beziehung. Die Kälte seiner Antwort steht im scharfen Kontrast zu ihrem Schmerz.

Die dritte Strophe bringt eine sanfte Gegenbewegung: Ein leiser „Duft von frühen Stunden“ erfüllt den Raum und erinnert an vergangene, glückliche Zeiten. Der Wind, das Blühen der Bäume und der „junge Wein“ symbolisieren die verlorene Unbeschwertheit und Liebe der beiden. Doch dieser poetische Naturmoment wirkt fast wie ein bitterer Kontrast zur aktuellen Entfremdung.

Hasenclever gelingt es, mit wenigen, prägnanten Bildern die Sprachlosigkeit und das Scheitern einer Beziehung einzufangen. Der Wechsel zwischen innerer Verzweiflung und äußerer Kühle, zwischen Vergangenheitssehnsucht und gegenwärtiger Leere, macht das Gedicht zu einer dichten Studie über Entfremdung und emotionales Auseinanderdriften zweier Menschen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.