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Wahre Freiheit

Von

Herr des Himmels, Herr der Stärke,
Herr des Lichts, gib deinen Segen
Zu dem großen Freiheitswerke,
Förd’re es auf allen Wegen.
Aber nicht die rohe, wilde
Freiheit schenke deiner Welt,
Nein, ein edleres Gebilde,
Sei dem Volke zugesellt.

Send‘ uns jene Himmelstochter,
Jene Götting hehr und licht,
Die die Fesseln unterjochter
Völker nur zum Heil zerbricht;
Die sie Achtung den Gesetzen
Zollen lehrt – in Ehre fest,
Die das Recht sie nicht verletzen,
Treu und Glauben halten läßt.

Die die Finsterniß aufklärend,
Strahlend dringet durch die Nacht,
Die die Sittlichkeit verehrend,
Für das Glück der Menschheit wacht.
Die auf die Vernunft gegründet,
Stets das Gute emsig sucht,
Und nicht von Begier entzündet,
Jedem der da reich ist, flucht.

Gib uns Führer, welche schwärmen
Für des Lebens höchstes Gut,
Welche ohne blindes Lärmen,
Glühen in Begeisterungsglut.
Solche die bramabasiren,
Leere Schalen ohne Kern,
Die mit Freiheit kokettiren,
Solche halte von uns fern.

Hüt‘ uns Herr, vor jenen Fanten,
Deren Thun im Sand zerrinnt,
Die der Freiheit Comödianten,
Statt der Freiheit Priester sind.
Die auf Augenblicke lauschen,
Drin die Hand das Herz erdolcht,
Und im Weihrauch sich berauschen,
Drauf Entnüchterung erfolgt.

Gib uns Männer, die voll Adel
Der Gesinnung, fort und fort,
Sonder Furcht und sonder Tadel,
Mit dem Schwerte, mit dem Wort,
Kühn die Mißbräuche bekämpfen,
Mit der Wahrheit heil’ger Kraft –
Aber auch die Flammen dämpfen,
Wild empörter Leidenschaft.

Unter ihrer Führung kriegen
Wollen wir, so oft es Noth.
Laß uns jeden Feind besiegen,
In der Freiheit Morgenroth.
Schütz‘ die schwarz-roth-goldnen Farben,
Der Verbrüdrung Unterpfand,
In der Sonne Feuergarben,
Leuchten sie durch’s ganze Land.

Laß uns nimmer übermüthig
In der Siegesglorie steh’n,
Und es sollen uns selbst gütig
Überwund’ne Feinde seh’n.
Laß uns der gestürzten Größe
Und dem Unglück Achtung weih’n –
Edler Sinn gibt keine Blöße,
Macht sich nicht durch Spott gemein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Wahre Freiheit von Kathinka Zitz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wahre Freiheit“ von Kathinka Zitz ist ein leidenschaftlicher Appell für eine moralisch fundierte und verantwortungsbewusste Freiheit, die sich vom bloßen Freiheitsbegriff abhebt und stattdessen Werte wie Achtung vor Gesetzen, Sittlichkeit, Vernunft und wahre Tugend in den Vordergrund stellt. Die Autorin wendet sich in Form eines Gebets an eine höhere Macht – den „Herrn des Himmels“ –, um Segen und Führung für das Streben nach Freiheit zu erbitten, jedoch nicht nach einer rohen, ungezügelten Freiheit, sondern nach einer, die durch edle Eigenschaften geprägt ist.

Die zentralen Verse des Gedichts beschreiben das Wesen der wahren Freiheit. Sie wird personifiziert als „Himmelstochter“, die „die Fesseln unterjochter Völker nur zum Heil zerbricht“ und die Menschen lehrt, „Achtung den Gesetzen“ zu zollen. Diese Freiheit basiert auf Vernunft, Sittlichkeit und dem Streben nach dem Guten, fernab von „Begier“ und ungerechter Bereicherung. Zitz grenzt sich damit klar von einer kurzlebigen und unbedachten Freiheit ab, indem sie vor „Fantanten“ und „Comödianten“ warnt, die Freiheit lediglich vortäuschen und sich an oberflächlichem Ruhm berauschen.

Das Gedicht betont die Notwendigkeit von Führern, die sich dem höchsten Gut des Lebens – der wahren Freiheit – verschrieben haben und mit „Schwerte, mit dem Wort“ Missbräuche bekämpfen, jedoch gleichzeitig „die Flammen dämpfen, wild empörter Leidenschaft“. Es ist ein Aufruf zu Tugend, Mut und Verantwortung. Die Autorin beschwört die Werte, die notwendig sind, um eine gerechte und stabile Gesellschaft zu schaffen, in der Freiheit nicht zur Anarchie führt, sondern zum Wohlstand und zur Einheit. Die Verwendung der Farben Schwarz-Rot-Gold symbolisiert die Einheit und den Zusammenhalt des Volkes.

Das Gedicht endet mit der mahnenden Aufforderung, auch im Siegesfall Bescheidenheit zu bewahren und den Besiegten mit Achtung zu begegnen. Dieser Aspekt verdeutlicht die tiefe humanistische Überzeugung der Autorin, die in der wahren Freiheit auch Mitgefühl, Respekt und die Ablehnung von Überheblichkeit sieht. Kathinka Zitz‘ Gedicht ist somit mehr als nur ein Loblied auf die Freiheit; es ist eine Mahnung zur Selbstverantwortung und zur Verwirklichung einer Gesellschaft, die auf soliden moralischen Grundlagen fußt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.