Weil du mir zu früh entschwunden
Blieb ein unerfülltes Glück
Ungemess′ner schöner Stunden
Ruhelos in mir zurück.
Ungeküßte Küsse leben
In getrennten Herzen fort,
Und die Lippe fühlt noch beben
Das zu früh verstummte Wort.
Weil du mir zu früh entschwunden
Blieb ein unerfülltes Glück
Ungemess′ner schöner Stunden
Ruhelos in mir zurück.
Ungeküßte Küsse leben
In getrennten Herzen fort,
Und die Lippe fühlt noch beben
Das zu früh verstummte Wort.

Das Gedicht „Vergilbte Blätter“ von Hermann Lingg thematisiert die schmerzhafte Erfahrung des Verlusts und des unerfüllten Glücks, das durch einen zu frühen Tod oder Abschied entstanden ist. Das Gedicht drückt in kurzer, prägnanter Form die tiefe Sehnsucht und das Bedauern über eine verpasste Lebenserfahrung aus, die in der Erinnerung weiterlebt. Die Verwendung von Bildern wie „vergilbte Blätter“ deutet auf das Verstreichen der Zeit und die Vergänglichkeit hin, während die verbliebenen Gefühle in der Seele des Sprechers als bleibende Erinnerung weiterleben.
Die erste Strophe etabliert das zentrale Thema des Gedichts: Der Verlust einer geliebten Person oder einer wichtigen Gelegenheit. Die Zeile „Weil du mir zu früh entschwunden“ legt den Fokus auf den frühen Abschied, der dazu führt, dass ein unerfülltes Glück zurückbleibt. Dieses Glück wird als „Ungemess’ner schöner Stunden“ beschrieben, was die Intensität und das Potenzial der verpassten Erfahrung unterstreicht. Die Zeile „Ruhelos in mir zurück“ verdeutlicht, dass die Erinnerung an dieses Glück den Sprecher noch immer beschäftigt und keine Ruhe findet.
Die zweite Strophe vertieft die Thematik des Verlusts und der verpassten Intimität. „Ungeküßte Küsse“ und „Das zu früh verstummte Wort“ stehen symbolisch für unerlebte Momente der Liebe und des Ausdrucks, die durch den frühen Verlust versäumt wurden. Die Zeile „In getrennten Herzen fort“ deutet auf die anhaltende Verbundenheit, die trotz der Trennung fortbesteht. Die Metapher der bebenden Lippe, die das verstummte Wort noch immer zu fühlen scheint, unterstreicht die Intensität der Sehnsucht und des Schmerzes.
Insgesamt ist „Vergilbte Blätter“ ein Gedicht, das die tiefe Trauer und das Bedauern über einen frühen Verlust eindrucksvoll darstellt. Es fängt die emotionale Bandbreite von unerfülltem Glück, Sehnsucht und dem anhaltenden Widerhall verlorener Erfahrungen ein. Die Sprache ist schlicht, aber dennoch kraftvoll, und die gewählten Bilder evozieren eindrücklich die Nachwirkung des Verlusts in der Seele des Sprechers.
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