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Uebersetzung

Von

Uebersetzest du gern, verwegener Deutscher, so wisse,
Daß eine Ohrfeig′ in Rom wörtlich ein Messerstich heißt.

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Gedicht: Uebersetzung von Wilhelm Friedrich Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Uebersetzung“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine pointierte, satirische Kritik an der vermeintlichen Genauigkeit und dem engen Verständnis von Übersetzung, insbesondere im Kontext der deutschen Kultur. Die beiden Verse des Gedichts präsentieren eine einfache, aber wirkungsvolle Analogie, um die Unterschiede in der Bedeutung und dem kulturellen Kontext zwischen Sprachen und Kulturen hervorzuheben.

Der Kern der Aussage liegt in der Gegenüberstellung von „Ohrfeig′“ und „Messerstich“ in Rom. Waiblinger wählt diese beiden Begriffe, um zu demonstrieren, dass eine wörtliche Übersetzung – hier impliziert durch die Aufforderung „Uebersetzest du gern, verwegener Deutscher“ – in manchen Fällen nicht nur irreführend, sondern potenziell gefährlich sein kann. Eine Ohrfeige, die in Deutschland als eine weniger gravierende Handlung angesehen werden mag, wird in Rom, so die satirische Übertreibung, mit einem Messerstich gleichgesetzt. Dies verdeutlicht, wie Übersetzungen mehr als nur die Übertragung von Wörtern erfordern; sie müssen auch kulturelle Nuancen, Emotionen und soziale Kontexte berücksichtigen.

Die Verwendung des Wortes „verwegener“ verstärkt die Kritik. Es impliziert eine gewisse Kühnheit und Arroganz in der deutschen Übersetzungspraxis, die sich möglicherweise auf eine zu wörtliche und weniger sensible Herangehensweise an die Übersetzung verlässt. Waiblinger stellt damit die Frage, ob die deutsche Übersetzungspraxis die Tiefe und Komplexität der ursprünglichen Bedeutung und des kulturellen Hintergrunds tatsächlich erfasst oder ob sie nur eine oberflächliche Angleichung darstellt, die in der Zielsprache zu Missverständnissen oder sogar zu Fehlinterpretationen führen kann.

Der letzte Vers, der als Feststellung formuliert ist, ist die Pointe des Gedichts. Er unterstreicht die Gefahr einer unreflektierten Übersetzung. Durch diese scharfe Gegenüberstellung wird die Notwendigkeit betont, über das rein Wortliche hinaus zu denken und die kulturelle Dimension der Kommunikation zu berücksichtigen. Waiblingers Gedicht ist damit eine Mahnung, die Komplexität der Übersetzung nicht zu unterschätzen und die Notwendigkeit zu erkennen, über die wörtliche Ebene hinaus in die Tiefen der kulturellen Bedeutung einzutauchen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.