Keusch war sie dir, sie nahm nur zum Schein, zum lieblichen Sinnbild
Einen weiblichen Leib, einen unsterblichen um.
Nur als Priester bist du in ihrem Tempel, und stellest
Auf dem Altar ihr Bild, wo du sie sahest, ihr auf.
Thorwaldsen (4)
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Thorwaldsen (4)“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger ist eine subtile Hommage an den berühmten Bildhauer Bertel Thorvaldsen und seine Kunst. Es deutet auf die Beziehung des Künstlers zu seinen Werken, insbesondere zu den weiblichen Figuren, hin. Die ersten beiden Verse betonen die Keuschheit und Reinheit, die dem Künstler zugeschrieben werden, sowie die symbolische Natur seiner Schöpfungen. Waiblinger suggeriert, dass Thorvaldsens Umgang mit dem weiblichen Körper nicht von weltlichen Begierden, sondern von einer tieferen, künstlerischen Absicht getrieben war.
Der „weibliche Leib“ dient lediglich als „liebliches Sinnbild“, als ein Medium, um etwas Unsterbliches zu erschaffen. Der Künstler greift nicht nach der realen Frau, sondern nach einer idealisierten, unvergänglichen Form, die in seinen Skulpturen Gestalt annimmt. Diese Interpretation deutet darauf hin, dass Thorvaldsen seine Kunst als eine Form der Verehrung betrachtet, bei der die weiblichen Figuren als Manifestationen einer höheren, ästhetischen Wahrheit dienen.
Die letzten beiden Verse verstärken den sakralen Charakter dieser Beziehung. Thorvaldsen wird als „Priester“ in einem „Tempel“ seiner Kunst dargestellt, der seine Figuren auf dem „Altar“ der Betrachtung platziert. Die Erschaffung der Werke wird zu einem rituellen Akt, der von Hingabe und Verehrung geprägt ist. Die Erwähnung des Altars und des Tempels verstärkt die Vorstellung einer religiösen Erfahrung, bei der die Kunst zum Ausdruck einer tiefen spirituellen Verbundenheit wird.
Waiblinger zeichnet hier ein Bild des Künstlers als einen Menschen, der sich von weltlichen Ablenkungen distanziert und seine Energie in die Schöpfung von Schönheit und Unsterblichkeit lenkt. Das Gedicht feiert nicht nur Thorvaldsens künstlerische Leistung, sondern auch seine Fähigkeit, die Welt durch die Linse der Kunst zu transformieren und zu erheben. Es ist eine Würdigung der Reinheit des künstlerischen Schaffens und der Verehrung des Schönen.
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