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Hyazinthen

Von

Fern hallt Musik; doch hier ist stille Nacht,
Mit Schlummerduft anhauchen mich die Pflanzen:
Ich habe immer, immer dein gedacht;
Ich möchte schlafen, aber du musst tanzen.

Es hört nicht auf, es rast ohn Unterlass;
Die Kerzen brennen und die Geigen schreien,
Es teilen und es schließen sich die Reihen,
Und alle glühen; aber du bist blass.

Und du musst tanzen; fremde Arme schmiegen
Sich an dein Herz; o leide nicht Gewalt!
Ich seh‘ dein weißes Kleid vorüberfliegen
Und deine leichte, zärtliche Gestalt.–

Und süßer strömend quillt der Duft der Nacht
Und träumerischer aus dem Kelch der Pflanzen.
Ich habe immer, immer dein gedacht;
Ich möchte schlafen, aber du musst tanzen.

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Gedicht: Hyazinthen von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Hyazinthen“ von Theodor Storm beschreibt die schmerzliche Trennung und das unaufhörliche Begehren einer unvollständigen Liebe. Es beginnt mit dem Bild der „stille[n] Nacht“, die im Kontrast zur „Musik“ und dem lebhaften Treiben einer Feier oder Tanzveranstaltung steht. Die Pflanzen, die den „Schlummerduft“ verbreiten, setzen eine ruhige, fast träumerische Stimmung, die die innere Sehnsucht und den Wunsch nach Ruhe und Frieden widerspiegelt. Das lyrische Ich fühlt sich jedoch von der Musik und der Aktivität der anderen Menschen entfernt und ist von Gedanken an eine andere Person erfüllt. Diese Person muss jedoch „tanzen“, was auf eine Trennung oder ein unausweichliches Festhalten an einem öffentlichen Leben hinweist, das das lyrische Ich von der Ruhe und dem gewünschten Schlaf abhält.

In der zweiten Strophe wird die fortwährende Aktivität der Feiernden beschrieben – die Musik „rast ohn Unterlass“, die Kerzen brennen, und die Geigen „schreien“. Diese hektische, laute Szene steht im Gegensatz zu der Blässe und dem inneren Schmerz der besungenen Person, die trotz der Feierlichkeiten und der Freude der anderen immer noch „blass“ erscheint. Es wird angedeutet, dass das lyrische Ich die Unmöglichkeit empfindet, dieser Person Nähe zu geben oder sie zu befreien, da sie in der Gesellschaft und der äußeren Welt gefangen ist.

Die dritte Strophe drückt das Mitempfinden des lyrischen Ichs aus, das die „fremden Arme“ sieht, die sich an das Herz der anderen Person schmiegen, und es darum bittet, nicht „Gewalt“ zu erleiden. Diese Worte deuten auf eine Liebe hin, die nicht nur unerwidert, sondern auch von äußeren Umständen getrennt ist. Die Person wird in ihrem „weißen Kleid“ und ihrer „zärtlichen Gestalt“ als unnahbar und entfernt dargestellt, was die unerreichbare Natur der Liebe verstärkt. Die bildhafte Darstellung ihrer Bewegungen und der Duft der Nacht verdeutlichen die Unmittelbarkeit und Intensität der Sehnsucht, während gleichzeitig der Schmerz und die Distanz thematisiert werden.

In der abschließenden Strophe wiederholt sich der Wunsch des lyrischen Ichs: „Ich habe immer, immer dein gedacht; Ich möchte schlafen, aber du musst tanzen.“ Diese Wiederholung verstärkt das Gefühl der Zerrissenheit zwischen dem Wunsch nach innerer Ruhe und der Unfähigkeit, die geliebte Person loszulassen. Der Duft der Nacht, der „süßer strömend quillt“, könnte eine symbolische Darstellung der Sehnsucht und des ständigen Verlangens nach der anderen Person sein, die sich jedoch weiterhin ihrem eigenen Lebensweg und der Welt des Tanzes hingibt. Storms Gedicht reflektiert auf eindrucksvolle Weise die schmerzhafte Diskrepanz zwischen innerem Verlangen und äußerer Realität.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.