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Der Tag von Düppel

Von

Still!
Vom achtzehnten April
Ein Lied ich singen will.
Vom achtzehnten – alle Wetter ja,
Das gab mal wieder ein Gloria!
Ein „achtzehnter“ war es, voll und ganz,
Wie bei Fehrbellin und Belle-Alliance,
April oder Juni ist all einerlei,
Ein Sieg fällt immer in Monat Mai.

Um vier Uhr morgens der Donner begann!
In den Gräben standen sechstausend Mann,
Und über sie hin sechs Stunden lang
Nahmen die Kugeln ihren Gang.
Da war es zehn Uhr. Nun alles still,
Durch die Reihen ging es: „Wie Gott will!“
Und vorgebeugt zu Sturm und Stoß
Brach das preußische Wetter los.

Sechs Kolonnen. Ist das ein Tritt!
Der Sturmmarsch flügelt ihren Schritt;
Der Sturmmarsch, – ja tief in den Trancheen
Dreihundert Spielleut‘ im Schlamme stehn.
Eine Kugel schlägt ein, der Schlamm spritzt um,
Alle dreihundert werden stumm –
„Vorwärts!“ donnert der Dirigent,
Kapellmeister Piefke vom Leibregiment.

Und „vorwärts“ spielt die Musika,
Und „vorwärts“ klingt der Preußen Hurra;
Sie fliegen über die Ebene hin,
Wer sich besänne, hätt’s nicht Gewinn;
Sie springen, sie klettern, ihr Schritt wird Lauf –
Feldwebel Probst, er ist hinauf!

Er steht, der erst‘ auf dem Schanzenrück,
Eine Kugel bricht ihm den Arm in Stück:
Er nimmt die Fahn‘ in die linke Hand
Und stößt sie fest in Kies und Sand.
Da trifft’s ihn zum zweiten; er wankt, er fällt:
„Leb wohl, o Braut! leb wohl, o Welt!“

Rache! – Sie haben sich festgesetzt,
Der Däne wehrt sich bis zuletzt.
Das macht, hier ficht ein junger Leu,
Herr Leutnant Anker von Schanze zwei.
Da donnert’s: „Ergib dich, tapfres Blut,
Ich heiße Schneider, und damit gut!“ –
Der preußische Schneider, meiner Treu,
Brach den dänischen Anker entzwei.

Und weiter, – die Schanze hinein, hinaus
Weht der Sturm mit Saus und Braus,
Die Stürmer von andern Schanzen her
Schließen sich an, immer mehr, immer mehr,
Sie fallen tot, sie fallen wund, –
Ein Häuflein steht am Alsen-Sund.

Palisaden starren die Stürmenden an,
Sie stutzen; wer ist der rechte Mann?
Da springt von achten einer vor:
„Ich heiße Klinke, ich öffne das Tor!“ –
Und er reißt von der Schulter den Pulversack,
Schwamm drauf, als wär’s eine Pfeif‘ Tabak.
Ein Blitz, ein Krach – der Weg ist frei –
Gott seiner Seele gnädig sei!
Solchen Klinken für und für
Öffnet Gott selber die Himmelstür.

Sieg donnert’s. Weinend die Sieger stehn.
Da steigt es herauf aus dem Schlamm der Trancheen,
Dreihundert sind es, dreihundert Mann,
Wer anders als Piefke führet sie an?
Sie spielen und blasen, das ist eine Lust,
Mit jubeln die nächsten aus voller Brust,
Und das ganze Heer, es stimmt mit ein,
Und darüber Lerchen und Sonnenschein.

Von Schanze eins bis Schanze sechs
Ist alles deine, Wilhelmus Rex;
Von Schanze eins bis Schanze zehn,
König Wilhelm, deine Banner wehn.
Grüß euch, ihr Schanzen am Alsener Sund,
Ihr machtet das Herz uns wieder gesund! –
Und durch die Lande, drauß und daheim,
Fliegt wieder hin ein süßer Reim:
„Die Preußen sind die alten noch,
Du Tag von Düppel lebe hoch!“

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Tag von Düppel von Theodor Fontane

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Tag von Düppel“ von Theodor Fontane ist eine patriotische Darstellung der Erstürmung der Düppeler Schanzen im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864. In kraftvollen Bildern schildert Fontane den Kampfgeist und die Tapferkeit der preußischen Soldaten, die sich durch schweres Artilleriefeuer und erbitterten Widerstand kämpfen, um den Sieg zu erringen. Die Wiederholung des Datums „achtzehnter April“ betont die historische Bedeutung dieses Tages und reiht ihn in eine Tradition glorreicher preußischer Schlachten ein.

Besonders eindrucksvoll ist die musikalische Begleitung des Sturms: Während die Soldaten vorrücken, spielen dreihundert Musiker, angeführt von Kapellmeister Piefke, weiter – selbst als das Feuer einschlägt. Diese Szene unterstreicht die Entschlossenheit und den disziplinierten Vormarsch der preußischen Truppen. Ebenso eindrucksvoll ist die Schilderung einzelner Heldentaten, etwa des Feldwebels Probst, der trotz schwerer Verwundung die Fahne hisst, oder des Soldaten Klinke, der sich mit einem Pulversack opfert, um das Tor zu sprengen. Diese individuellen Leistungen symbolisieren den selbstlosen Einsatz für das Vaterland.

Die letzte Strophe fasst den Sieg in einer Mischung aus Triumph und Ehrfurcht zusammen. Während das Heer jubelt, erhebt sich die Musik erneut und vereint sich mit Lerchengesang und Sonnenschein – ein Bild der harmonischen Siegesfreude. Fontane verleiht dem Ereignis eine fast mythische Größe, indem er es als Beweis für die ungebrochene Stärke Preußens darstellt. Das Gedicht folgt der Tradition des Kriegs- und Heldengedichts und vermittelt eine stark nationalistische Perspektive, in der Tapferkeit, Opferbereitschaft und Ruhm zentrale Werte sind.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.