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Aber wir lassen es andere machen

Von

Ein Chinese (’s sind schon an 200 Jahr)
In Frankreich auf einem Hofball war.
Und die einen frugen ihn: ob er das kenne?
Und die andern frugen ihn: wie man es nenne?
„Wir nennen es tanzen“, sprach er mit Lachen,
„Aber wir lassen es andere machen.“

Und dieses Wort seit langer Frist,
Mir immer in Erinnerung ist.
Ich seh‘ das Rennen, ich seh‘ das Jagen,
Und wenn mich die Menschen umdrängen und fragen:
„Was tust du nicht mit? Warum stehst du beiseit‘?“
So sag ich: „Alles hat seine Zeit.
Auch die Jagd nach dem Glück. All derlei Sachen,
Ich lasse sie längst durch andere machen.“

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Gedicht: Aber wir lassen es andere machen von Theodor Fontane

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Aber wir lassen es andere machen“ von Theodor Fontane behandelt mit feiner Ironie die Distanz des lyrischen Ichs zu gesellschaftlichen Zwängen und dem allgemeinen Streben nach Glück und Erfolg. Ausgehend von einer Anekdote über einen chinesischen Besucher in Frankreich, der das Tanzen beobachtet, aber nicht selbst daran teilnimmt, überträgt das lyrische Ich diese Haltung auf sein eigenes Leben. Es stellt sich bewusst abseits des rastlosen Treibens der Menschen und verzichtet auf die übliche Jagd nach Glück oder gesellschaftlicher Anerkennung.

Fontane nutzt eine einfache, aber prägnante Sprache, um eine gelassene Lebensphilosophie auszudrücken. Während andere dem Drang nach Erfolg, Vergnügen oder Erfüllung hinterherjagen, entscheidet sich das lyrische Ich für eine beobachtende Rolle. Die wiederholte Wendung „Aber wir lassen es andere machen“ unterstreicht diese Haltung der Zurückhaltung, die zugleich Weisheit und Skepsis gegenüber dem allzu geschäftigen Leben ausdrückt.

Im letzten Vers wird die Kernbotschaft deutlich: Alles hat seine Zeit, und nicht jede Hektik ist notwendig. Das Gedicht reflektiert somit eine ruhige, fast stoische Lebensauffassung, die sich gegen den gesellschaftlichen Druck zur ständigen Aktivität stellt. Es spricht für eine bewusste Entscheidung zur Gelassenheit und zur Distanz gegenüber dem Getriebensein der Welt – eine Haltung, die zeitlos aktuell bleibt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.