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Studenten-Kriegslied

Von

1813.

Ich bin Student gewesen,
Nun heiß′ ich Lieutenant,
Fahr wohl, gelahrtes Wesen,
Ade, du Büchertand.
Zum König will ich ziehen,
Ins grüne Waffenfeld,
Wo rothe Rosen blühen,
Da schlaf ich ohne Zelt.
Ihr guten Kameraden
Bei Büchern und beim Mahl,
Seid alle mitgeladen
In diesem großen Saal.

Frisch auf, wem solche Stimme
Zum Ohr und Herzen geht!
Es rege sich im Grimme
Nun jede Fakultät.
Die ihr euch weise Meister
Im stolzen Wahn genannt,
Auf Regeln für die Geister,
Für die Gedanken sannt, –
Hier ist die hohe Schule,
Die freie Künste lehrt,
Und für die Federspule
Schärf′ ich mein gutes Schwert.

Ihr Herren Rechtsgelehrten,
Die durch den Urvertrag
Das alte Recht verkehrten,
Es kommt für euch ein Tag.
Die Güter sind verpfändet,
Die Keiner missen darf,
Die Freiheit ist entwendet, –
Macht eure Beile scharf.
Die Sünde sollt ihr rächen,
Die durch die Wolken drang,
Ein Urtheil ist zu sprechen
Auf Beil und Rad und Strang.

Von eures Meisters Lehren,
Ihr Aerzte, weichet nicht,
Das Messer hebt in Ehren,
Wenn anders Heil gebricht;
So kurz ist ja das Leben,
So lang und schwer die Kunst,
Dem Flücht′gen sei gegeben
Des Himmels reine Gunst.
Wenn Leib und Seele leiden,
In Schmerz, in Brand und Haß,
So hilft ein kühnes Schneiden,
So hilft ein Aderlaß.

Wolauf, ihr Theologen,
Der Herr ist nicht mehr weit,
So kommt nur mitgezogen
Entgegen ihm im Streit.
Hier kann man deutlich lernen
Die Zukunft zum Gericht,
Wenn über seinen Sternen
Der Herr das Urtheil spricht.
Uns wird das Herz erledigt,
Uns wird der Sinn erfreut,
Wenn die Kanonenpredigt
In alle Ohren schreit.

Noch kämpft der Leonide,
Noch schallt die Hermannsschlacht,
Der Fall der Winkelriede
Uebt wieder seine Macht.
Was wir gehört, gelesen,
Tritt wirklich in die Zeit,
Gewinne jetzt ein Wesen
Auch du, Gelehrsamkeit;
Es gilt kein kleines Fechten
Und keinen Fürstenstreit,
Es gilt den Sieg des Rechten
In alle Ewigkeit.

Das heiß′ ich rechte Fehde,
Wenn Jeder übt die Kraft,
Zur Waffe wird die Rede,
Zur Waffe Wissenschaft.
Die Harf′ in Sängers Händen,
Den Meißel scharf und fein,
Das alles kann man wenden
Zu Feindes Trutz und Pein.
Nun singt den Landesvater,
Den Feldherrn unsrer Wahl,
Des Landes Schutz und Rather,
Der diesen Krieg befahl.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Studenten-Kriegslied von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Studenten-Kriegslied“ von Max von Schenkendorf aus dem Jahr 1813 ist eine ergreifende Reflexion über den Übergang eines Studenten in den soldatischen Dienst während der Befreiungskriege gegen Napoleon. Es zeichnet sich durch einen starken patriotischen Ton und eine Abkehr von der Gelehrsamkeit zugunsten des bewaffneten Kampfes aus. Das Gedicht ist in Strophen aufgebaut, die jeweils einen Aspekt des akademischen Lebens und dessen Kontrast zum Kriegsdienst beleuchten.

In den ersten Strophen wird der Abschied von der Studentenzeit und der akademischen Welt thematisiert. Der Dichter, nun ein „Lieutenant“, verabschiedet sich von „gelehrtem Wesen“ und „Büchertand“ und wendet sich dem „grünen Waffenfeld“ zu. Die „rothen Rosen“ stehen hier symbolisch für das blutige Schlachtfeld, auf dem der Soldat bereit ist, sein Leben zu riskieren. Die „guten Kameraden“ werden zum Abschied zu einer Art „großen Saal“ eingeladen, was die Verbundenheit und den Zusammenhalt unterstreicht. Anschließend erfolgt ein Aufruf zur Mobilisierung der Studenten und Akademiker, wobei jede Fakultät im Dienst des Vaterlandes gefordert wird, vom Gelehrten über den Juristen bis zum Arzt und Theologen.

Die mittlere Phase des Gedichts widmet sich der Kritik an verschiedenen akademischen Disziplinen und ihrer scheinbaren Unfähigkeit, sich den Herausforderungen des Krieges zu stellen. Die Rechtsgelehrten werden für ihre Interpretation des „Urvertrags“ kritisiert, während die Ärzte aufgefordert werden, ihr chirurgisches Können im Kampf einzusetzen. Die Theologen sollen sich dem Kampf anschließen und die „Kanonenpredigt“ (gemeint ist der Kanonendonner der Schlacht) vernehmen. Diese Strophen betonen die Bedeutung von Aktivität und Einsatz für die Sache des Vaterlandes, wobei die Gelehrsamkeit als unzureichend oder sogar irrelevant dargestellt wird.

Die letzten Strophen bekräftigen den patriotischen Geist und die Überzeugung, dass der Kampf für die Freiheit und das Recht ein gerechter Krieg ist. Historische Ereignisse wie die Hermannsschlacht und die Taten von Winkelried werden als Beispiele für Heldentum und Opferbereitschaft angeführt. Der Autor ruft die Gelehrsamkeit auf, sich in den Dienst der Kriegsanstrengungen zu stellen, wobei er die Bedeutung von Redekunst und Wissenschaft als Waffen im Kampf hervorhebt. Abschließend wird der „Landesvater“ und „Feldherr“ als Beschützer und Befehlshaber des Krieges gefeiert, was die Einheit und den Glauben an den Sieg betont.

Insgesamt ist das „Studenten-Kriegslied“ ein kraftvolles und propagandistisches Gedicht, das die Ideale des Patriotismus, der Opferbereitschaft und des Kampfes für Freiheit und Recht im Kontext der Napoleonischen Kriege widerspiegelt. Es dient als Aufruf zur Mobilisierung und zur Verabschiedung von der Gelehrsamkeit zugunsten des Kriegsdienstes. Der Autor nutzt einfache Sprache, starke Bilder und einen leidenschaftlichen Ton, um seine Botschaft von der Notwendigkeit des Kampfes und des Glaubens an den Sieg zu vermitteln.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.