Am Weihnachtsonntag kam er zu mir,
In Jack′ und Schurzfell, und roch nach Bier
Und sprach zwei Stunden zu meiner Qual
Von Zinsen und von Kapital;
Ein Kerl, vor dem mich Gott bewahr!
Hat keinen Festtag im ganzen Jahr.
Stoßseufzer
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Stoßseufzer“ von Theodor Storm präsentiert in prägnanter Weise die Unmut des lyrischen Ichs über einen unerwünschten Besuch am Weihnachtssonntag. Das Gedicht ist ein Ausdruck von persönlicher Ablehnung und thematisiert die Diskrepanz zwischen Festlichkeit und dem Eindringen des Alltags in die vermeintlich besinnliche Zeit.
Die ersten beiden Verse skizzieren das äußere Erscheinungsbild und den Geruch des Besuchers, wodurch sofort eine negative Assoziation erzeugt wird. Der Mann wird als jemand beschrieben, der „nach Bier“ riecht und in „Jack‘ und Schurzfell“ gekleidet ist, was ihn als einen Mann der Arbeit oder des einfachen Volkes charakterisiert. Der Weihnachtssonntag, eigentlich ein Tag der Ruhe und der Besinnung, wird durch die Anwesenheit dieser Person gestört.
Der dritte und vierte Vers beschreiben die Inhalte des Gesprächs, das zur „Qual“ des lyrischen Ichs führte: Es ging um „Zinsen und von Kapital“. Diese Thematik steht im klaren Kontrast zur erwarteten Feierlichkeit des Weihnachtstages. Sie symbolisiert die Nüchternheit und das Geschäftemachen, die das lyrische Ich als störend empfindet. Der Besuch und das Thema sind so unangenehm, dass das lyrische Ich in dem Schlusssatz seine Abneigung mit dem Wunsch ausdrückt, von Gott vor dieser Person verschont zu werden.
Die letzten beiden Verse verstärken diese Ablehnung, indem sie die Person als jemand charakterisiert, der keinen Feiertag im ganzen Jahr hat. Dies deutet darauf hin, dass der Mann das ganze Jahr über von der Arbeit und den Sorgen des Alltags vereinnahmt ist und keine Zeit für Festlichkeiten und Freude findet. Die Stoßseufzer-Aussage verstärkt somit die Abneigung des lyrischen Ichs gegen die Person und gegen die Themen, die sie anspricht, und macht das Gedicht zu einer kleinen, aber intensiven Kritik an der Eindringung des Alltags in die festliche Welt.
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