Worte trügen
Worte trügen – worte fliehen –
Nur das lied ergreift die seele –
Wenn ich dennoch dich verfehle
Sei mein mangel mir verziehen.
Lass mich wie das kind der weisen
Wie das kind der dörfer singen
Aus den sälen will ich dringen
Aus dem fabelreich der riesen.
Höhne meine sanfte plage !
einmal muss ich doch gestehen
Dass ich dich im traum gesehen
Und seit dem im busen trage.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Worte trügen“ von Stefan George reflektiert die Grenzen der Sprache und die tiefere Ausdruckskraft des Liedes. Schon in der ersten Zeile wird betont, dass Worte trügen und flüchtig sind, während das Lied die Seele unmittelbar ergreift. Doch selbst dieses Medium scheint nicht immer auszureichen – wenn das lyrische Ich die angesprochene Person dennoch verfehlt, bittet es um Verzeihung für sein Unvermögen. Dies deutet auf eine tiefe Sehnsucht hin, die sich sprachlich kaum fassen lässt.
In der zweiten Strophe wünscht sich das lyrische Ich eine unverstellte, reine Ausdrucksweise: Es möchte singen „wie das Kind der Weisen“ oder „wie das Kind der Dörfer“. Diese Bilder stehen für eine natürliche, ungekünstelte Art des Singens, fernab von höfischen oder überhöhten Formen. Die Flucht aus „den Sälen“ und dem „Fabelreich der Riesen“ zeigt eine Abkehr von Künstlichkeit und Übertreibung – stattdessen sucht das Ich nach einer einfachen, authentischen Stimme.
Die letzte Strophe offenbart den eigentlichen Kern des Gedichts: eine verborgene Liebe oder Sehnsucht. Das lyrische Ich fordert die angesprochene Person auf, seine „sanfte Plage“ ruhig zu verhöhnen – denn letztlich kann es nicht leugnen, dass es diese Person einst „im Traum gesehen“ hat und sie seitdem im Herzen trägt. Damit erhält das Gedicht eine romantisch-melancholische Note: Die Erinnerungen an eine flüchtige Begegnung oder eine unerreichbare Liebe begleiten das Ich beständig, und auch wenn Worte nicht ausreichen, bleibt doch das Lied als Ausdruck dieses Gefühls.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.