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Nova Apocalypsis

Von

Endchrist endchrist du wurdest zum spott
Statt deiner kommt der fliegengott.

Larven aus faulenden hirnen gekrochen
Sind nun ins leben hereingebrochen

Breiten sich dreist über alle gassen :
„Das reich ist unser : wir kommen in massen.

Der geht noch aufrecht – reisset ihn um
Der hat noch ein antlitz – zerret es krum !

Der schreitet noch – er schleiche und hin ke
Der schaut noch – macht dass er schiele und zwinke !

Kein arm: wir brauchen nur taster und greifer
Kein blut: wir brauchen nur gallert und geifer.

Hinweg mit den seelen mit höhen und himmeln
Wir brauchen nur staub : wir die kriechen und wimmeln.“

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Gedicht: Nova Apocalypsis von Stefan George

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nova Apocalypsis“ von Stefan George zeichnet ein düsteres Endzeitbild, in dem der „Endchrist“ als gescheitert dargestellt wird und stattdessen ein finsteres Zeitalter unter der Herrschaft des „Fliegengottes“ beginnt. Dieser könnte als Symbol für Verfall, Niedergang oder das Böse gedeutet werden. Die apokalyptische Vision zeigt eine Welt, in der sich aus „faulenden Hirnen“ Larven entwickeln – ein Bild für den geistigen und moralischen Zerfall der Menschheit.

Die Verse beschreiben, wie diese Wesen in „Massen“ über die Städte hereinbrechen und eine neue Ordnung etablieren, die das bisherige Menschsein negiert. Das Gedicht zeichnet eine Entmenschlichung: Wer noch aufrecht geht, soll gestürzt werden, wer noch ein menschliches Antlitz hat, soll entstellt werden. Dies verweist auf eine Welt, in der Individualität und Würde zerstört werden, um einer amorphen, kriechenden Masse Platz zu machen.

Besonders auffällig ist die Deformation des Körpers: Arme, Blut und Seele werden als überflüssig erklärt – stattdessen zählen nur noch Instinkte, primitive Taster und Gallert. Dies symbolisiert den völligen Verlust von Geist und Kultur, die Ersetzung des Höheren durch das Niederste. Die letzte Zeile betont den endgültigen Triumph des Verfalls, der „Seelen, Höhen und Himmel“ nicht mehr braucht – nur noch „Staub“ bleibt zurück. Georges apokalyptische Vision ist eine drastische Warnung vor der Zerstörung menschlicher Werte durch Chaos, Entartung und Barbarei.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.