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Das Wort

Von

Wunder von ferne oder traum
Bracht ich an meines landes saum

Und harrte bis die graue norn
Den namen fand in ihrem born –

Drauf konnt ichs greifen dicht und stark
Nun blüht und glänzt es durch die mark…

Einst langt ich an nach guter fahrt
Mit einem kleinod reich und zart

Sie suchte lang und gab mir kund:
„So schläft hier nichts auf tiefem grund“

Worauf es meiner hand entrann
Und nie mein land den schatz gewann…

So lernt ich traurig den verzicht:
Kein ding sei wo das wort gebricht

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Gedicht: Das Wort von Stefan George

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Wort“ von Stefan George thematisiert die enge Verbindung zwischen Sprache und Existenz. Der Sprecher schildert zwei Erlebnisse: Einmal gelingt es ihm, eine kostbare Entdeckung in sein Land zu bringen, weil ein Wort gefunden wird, das sie benennt. Ein anderes Mal aber scheitert er daran, einen ebenso wertvollen Schatz zu bewahren, weil kein passendes Wort existiert. Diese Erfahrung führt ihn zur Erkenntnis, dass ohne Sprache keine Wirklichkeit entstehen kann.

Die „graue Norn“, eine Schicksalsgöttin der nordischen Mythologie, wird hier als Instanz der Benennung dargestellt. Erst wenn sie aus ihrem „Born“ – einer Quelle des Wissens – den richtigen Namen schöpft, kann die Entdeckung greifbar werden und sich entfalten. Die Sprache verleiht dem Gegenstand oder Gedanken erst seine Realität, was durch das Bild des Blühens und Glänzens verstärkt wird.

Der zweite Teil des Gedichts kehrt diese Erfahrung um: Ohne ein Wort bleibt das Kleinod ungreifbar und geht verloren. Georges Fazit ist ernüchternd, aber tiefsinnig: „Kein Ding sei wo das Wort gebricht.“ Damit verweist er auf die fundamentale Macht der Sprache – erst durch Worte wird die Welt erkennbar und wirklich. Das Gedicht ist somit eine poetische Reflexion über die Bedeutung der Sprache als Medium des Denkens, der Kultur und der Schöpfung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.