Lied
Wenn früh die graue Dämm’rung flieht,
Wenn sich der Abend senkt,
Erwache meines Dankes Lied,
Dem, der dir Frieden schenkt.
Schwer lag auf mir der Kummer, – schwer,
Ich weinte heiß und viel;
Das Leben war mir wonneleer,
Grab war mein schwarzes Ziel.
Da schickte Gott mir Frieden her,
Und machte leicht die Brust.
Lob ihn! – wo ist ein Gott wie er?
Uns helfen ist ihm Lust.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Lied“ von Sophie Albrecht ist ein kurzer, aber ausdrucksstarker Lobgesang auf die heilende Kraft des Glaubens und die erfahrene Überwindung von innerem Leid. In einfacher, klarer Sprache schildert das lyrische Ich seinen Weg aus tiefer Traurigkeit hin zu neuer Hoffnung – ein Prozess, der eng mit göttlichem Eingreifen verknüpft wird. Die Form des Liedes verstärkt dabei die emotionale Wirkung und vermittelt eine persönliche, fast intime Danksagung.
Der erste Vers rahmt den Tagesverlauf vom Morgengrauen bis zum Abend und verbindet ihn mit einem immerwährenden Dankeslied: Zu jeder Zeit soll der Dank an Gott erklingen, „dem, der dir Frieden schenkt“. Der Frieden wird hier nicht als äußerer Zustand, sondern als innerer Seelenfrieden verstanden – ein Geschenk, das in Zeiten schwerer seelischer Not besonders kostbar ist.
In der zweiten Strophe wird das Ausmaß der Verzweiflung des lyrischen Ichs deutlich. Kummer, Tränen und eine Perspektive, in der das Leben sinnlos erscheint („wonneleer“), prägen die Erinnerung an die dunkle Zeit. Der Tod wird in der Metapher des „Grab[es]“ zum einzigen Ziel, was die Tiefe des erlebten Leids unterstreicht. Diese existenzielle Krise hebt die Bedeutung des göttlichen Eingreifens umso mehr hervor.
Die letzte Strophe bringt die Wendung: Gott sendet „Frieden“, der die „Brust“ erleichtert – ein Bild für die Linderung seelischer Enge und Bedrückung. Die Freude über diese göttliche Hilfe führt zum Lobpreis Gottes, der nicht nur als allmächtig, sondern auch als freudig helfender Gott dargestellt wird: „Uns helfen ist ihm Lust.“ Diese Formulierung betont die Nähe und Güte Gottes, der aktiv am menschlichen Schicksal Anteil nimmt.
„Lied“ ist somit ein persönliches Glaubensbekenntnis, das durch seine Schlichtheit und emotionale Aufrichtigkeit berührt. Es zeigt den Glauben als Trostquelle in tiefster Not und stellt eine spirituelle Verbindung zwischen Leid, Erlösung und Dankbarkeit her – ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch viele Gedichte Sophie Albrechts zieht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.