Im Junius 1783
Vergebens steigt der Tag in lichten Farben
Vergebens hüllt in Schimmer sich die Nacht
Mein Herz bleibt kalt, seitdem die Wünsche starben
Die schön dich mir, du Tag und Nacht! gemacht
Obs Winter ist, ob Veilchen um mich blühen
Ob Rabe krächzt, ob Lerche um mich schwirrt
Obs Mondennacht, ob Donnerwolken ziehen
Ist der gleichviel, die ohne Wünsche irrt.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Im Junius 1783“ von Sophie Albrecht drückt eine tiefe, persönliche Traurigkeit und Entfremdung von der Welt aus. Der Dichterin bleibt das Herz „kalt“, obwohl die äußeren Umstände und die Natur sich in ihrer vollen Pracht entfalten: Der Tag erscheint in „lichten Farben“, und die Nacht hüllt sich in „Schimmer“. Diese Bilder von Schönheit und Leben sind jedoch für das lyrische Ich bedeutungslos geworden, da die „Wünsche“ gestorben sind. Diese Zeilen thematisieren den Verlust von Hoffnungen oder Sehnsüchten, die das Leben früher geprägt haben, und der Verlust von Wünschen führt zu einer Entfremdung von der Umwelt.
Im zweiten Abschnitt beschreibt die Dichterin, dass weder die Jahreszeiten noch die Naturerscheinungen eine Rolle spielen: Ob es Winter ist, ob Veilchen blühen, oder ob Vögel singen, für das lyrische Ich bleibt alles gleichgültig. Die Wiederholung des „ob“ verstärkt die Gefühllosigkeit und die Unbeteiligtheit, die das lyrische Ich gegenüber den Ereignissen in der Natur empfindet. Der Verlust von Wünschen führt zu einer inneren Leere, die selbst die äußerste Schönheit der Natur nicht mehr zu füllen vermag. Das „irren“ der Person wird zu einem zentralen Motiv, das auf die Orientierungslosigkeit hinweist, die mit dem Verlust von Hoffnung oder Lebensziel einhergeht.
Die Gegenüberstellung von äußerer Schönheit und innerer Leere verstärkt die zentrale Botschaft des Gedichts, dass das Leben ohne innere Sehnsüchte und Wünsche farblos und leer erscheint. Der Verlust der eigenen Träume und Hoffnungen führt zu einer Entfremdung von der Welt, die in ihrer äußeren Form unverändert bleibt, während der Mensch innerlich erlahmt. Albrecht vermittelt in ihrem Gedicht eine tiefe emotionale Distanziertheit, die durch den Tod der Wünsche verursacht wird – eine Distanziertheit, die weder durch die Schönheit des Himmels noch durch die Zyklen der Natur geheilt werden kann.
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Lizenz und Verwendung
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