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Officiosus Amor

Von

Nimfe, gieb mir selbst den Mund,
So wird mir dein Hertze kundt,
Reich mir deiner Armen Band,
Der gewünschten Liebe Pfand!

Denn, so lange du noch nicht
Mir gehorchen wirst, mein Liecht,
Wird dein Lieben nur ein Schein
Vnd vor nichts zu achten seyn.

Trewe Lieb‘ ist jederzeit
Zu gehorsamen bereit,
Hat Ihr Thun gerichtet hinn
Auff des Liebsten Hertz vnd Sinn.

Glut bricht von sich selbst hervor
Vnd stösst jhre Flamm empor,
Wo sich Rauch vnd Dampff nur findt,
Muß vergehn durch Lufft vnd Wind.

Schämst du aber dich vor mir,
So gedencke, meine Zier,
Daß ich das bin, was du bist,
Vnd werd‘ jetzt nicht erst geküsst!

Wo ich mich, gleich wie du wol
Auch mit andern schämen sol,
Würde nicht die gantze Welt
In gar kurtzer Zeit gefällt?

Venus hat sich, wie bekannt,
Zum Adonis selbst gewandt,
Vnd mit jhm so manche Nacht
In der Liebe zugebracht.

Komm, der Mond am Firmament
Hat sich schon zu vns gewendt,
Komm, die Nacht kömpt auch heran
Da sich küsset was nur kan!

Morgen, hör ich, wilst du fort
Von vns an ein frembdes Orth,
Vnd wer weiß auff welchen Tag
Ich dich wieder sprechen mag;

Darumb Hertz mich ohne schew,
Daß ich deiner Inndenck sey!
Ich bitt‘ einmal noch jetzund:
Nymfe, gib mir selbst den Mund!

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Gedicht: Officiosus Amor von Simon Dach

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Officiosus Amor“ von Simon Dach thematisiert eine sinnlich-drängende, zugleich rhetorisch kunstvoll gestaltete Liebesbitte. Das lyrische Ich richtet sich an eine „Nimfe“, also eine idealisierte weibliche Figur, und fordert sie zum Kuss auf – nicht nur als Zeichen körperlicher Zuneigung, sondern als Beweis aufrichtiger Liebe. Dabei steht der Ausdruck „officiosus Amor“ (dienstbarer, eifriger oder auch verpflichtender Liebesdienst) im Kontrast zur spielerischen, fast übermütigen Tonlage des Gedichts, die zwischen zärtlicher Überredung und leidenschaftlicher Dringlichkeit schwankt.

In den ersten Strophen wird der Kuss als Symbol wahrer Liebe inszeniert. Nur wenn die Geliebte sich aktiv hingibt, könne ihr Gefühl als echt gelten – andernfalls sei es bloßer „Schein“. Wahre Liebe, so argumentiert das lyrische Ich, sei immer zu Gehorsam und Hingabe bereit. Hier wird das Motiv des Liebesdienstes deutlich: Die Liebe wird als gegenseitige Verpflichtung gesehen, wobei sich Begehren und moralische Argumentation mischen. Auch Naturbilder wie Glut, Rauch und Flamme dienen dazu, zwischen echter Leidenschaft und bloßem Trugbild

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.