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Anke van Tharaw

Von

Anke van Tharaw öß, de my geföllt,
Se öß mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt.

Anke van Tharaw heft wedder eer Hart
Op my geröchtet ön Löw‘ on ön Schmart.

Anke van Tharaw mihn Rihkdom, min Goet,
Du mihne Seele, mihn Fleesch on mihn Bloet.

Quöm‘ allet Wedder glihk ön ons tho schlahn,
Wy syn gesönnt by een anger tho stahn.

Kranckheit, Verfälgung, Bedröfnös on Pihn,
Sal vnsrer Löve Vernöttinge syn.

Recht as een Palmen-Bohm äver söckt stöcht,
Je mehr en Hagel on Regen anföcht.

So wardt de Löw‘ ön onß mächtich on groht,
Dörch Kryhtz, dörch Lyden, dörch allerley Noht.

Wördest du glihk een mahl van my getrennt,
Leedest dar, wor öm dee Sönne kuhmt kennt;

Eck wöll dy fälgen dörch Wölder, dörch Mär,
Dörch Yhß, dörch Ihsen, dörch fihndlöcket Hähr.

Anke van Tharaw, mihn Licht, mihn Sönn,
Mihn Leven schluht öck ön dihnet henönn.

Wat öck geböde, wart van dy gedahn,
Wat öck verböde, dat lätstu my stahn.

Wat heft de Löve däch ver een Bestand,
Wor nich een Hart öß, een Mund, eene Hand?

Wor öm söck hartaget, kabbelt on schleyht,
On glihk den Hungen on Katten begeyht.

Anke van Tharaw dat war wy nich dohn,
Du böst mihn Dühfken my Schahpken mihn Hohn.

Wat öck begehre, begehrest du ohck,
Eck laht den Rack dy, du lätst my de Brohk.

Dit öß dat, Anke, du söteste Ruh‘
Een Lihf on Seele wart vht öck on Du.

Dit mahckt dat Lewen tom Hämmlischen Rihk,
Dörch Zancken wart et der Hellen gelihk.

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Gedicht: Anke van Tharaw von Simon Dach

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Anke van Tharaw“ von Simon Dach ist ein Ausdruck tiefer ehelicher Liebe und Treue, eingebettet in das ostpreußische Plattdeutsch. Es handelt sich um ein berühmtes Hochzeitslied aus dem 17. Jahrhundert, das in klarer und volksnaher Sprache die enge, unauflösliche Verbindung zwischen zwei Liebenden feiert. Das lyrische Ich preist Anke, seine Geliebte, als Mittelpunkt seines Lebens – sie ist „mihn Lewen, mihn Goet on mihn Gölt“, also sein Leben, sein Gut und sein Gold.

Das Gedicht entfaltet ein Idealbild der Liebe, das auf Gegenseitigkeit, Beständigkeit und einer tiefen geistigen wie körperlichen Einheit basiert. Besonders betont wird, dass auch Leid, Schmerz und Krankheit nicht als Bedrohung der Beziehung verstanden werden, sondern als Prüfsteine, an denen die Liebe wächst. Die Metapher der Palme, die im Sturm nur noch stärker wird, steht sinnbildlich für diese unerschütterliche Verbundenheit.

Dach unterstreicht auch die Einheit von Willen und Wunsch zwischen den beiden Liebenden: Was der eine begehrt, begehrt auch der andere. Harmonie zeigt sich nicht in der Abwesenheit von Konflikt, sondern in der tiefen Übereinstimmung des Herzens. Dies hebt sich ab von anderen Paaren, die in Streit und Eifersucht verstrickt sind, „glihk den Hungen on Katten“ – wie Hund und Katze.

Die Sprache des Gedichts ist schlicht und bildhaft zugleich, getragen von einem warmen Ton und eingängigen Reimen. Die plattdeutsche Fassung verleiht dem Gedicht eine besondere Erdverbundenheit und Authentizität, die es zu einem Volkslied im besten Sinne macht. „Anke van Tharaw“ ist damit nicht nur eine Liebeserklärung, sondern auch eine poetische Darstellung der idealen Ehe als innige Gemeinschaft zweier Menschen – in Freude wie im Leid.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.