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Sicilianische Lieder (12) – Rückkunft nach Messina

Von

Nimmer, dünkt mir, vergönnt es der Gott von Zankle zu scheiden.
König der Winde, vernimm, König der Wasser, mein Lied.
Wieder bin ich zum Strudel gekehrt der wilden Charybdis;
Meiner Wanderung Ziel schien der Peloro zu sein.
Und was bracht′ ich zurück? Ein Herz voll Freuden und Wonnen,
Und ein Glück, wie es nur Wen′gen der Himmel geschenkt.
Jubelnd strömte das Wort mir auf die begeisterte Lippe,
Als vom Gebirge zumal wieder die prangende Stadt,
Hafen und Burg und das leuchtende Blau des wogenden Meeres,
Wie ein gigantischer Strom zwischen die Ufer gedrängt,
Als der Faro sich mir und Kalabriens südliche Zauber,
Scilla und Apennin wieder dem Auge gezeigt,
Und vergangener Monde, vergangener Freuden Erinnrung,
Meer und Ufer und Stadt dankbar und zärtlich begrüßt.
Aber, o Vater Neptun, dem eilenden Wandrer entgegen
Führest du Wellen und Wind, führest du Aeolus Brut.
Und ein Gefangener bleib′ ich zurück; an jeglichem Morgen
Tret′ ich ans Fenster, den Zug wandelnder Wolken zu schaun.
Und den Schiffer ermüdet der Fragen läst′ge Bestürmung;
Immer kehr′ ich an Bord, immer nach Hause zurück.
Wann erblick′ ich die Segel? Es kommen und scheiden die Schiffe;
Durch den empörten Kanal ziehen sie schwankend heran.
Nur das meine verweilt, und vergebens heftet die Sehnsucht
Nach dem Faro den Blick, wünscht sich ins Weite hinaus.
Wochen voll ängstlicher Pein rollt so von der Spindel die Parze,
Und das neid′sche Geschick löst mir die Fessel noch nicht.
Zwar es würzt mir die Stunden der Freundschaft reichste Bewirthung;
Aber, o Götter, nach Rom treibt mich die Liebe zurück.

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Gedicht: Sicilianische Lieder (12) - Rückkunft nach Messina von Wilhelm Friedrich Waiblinger

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sicilianische Lieder (12) – Rückkunft nach Messina“ von Wilhelm Friedrich Waiblinger schildert die widersprüchlichen Gefühle eines Reisenden, der nach Messina zurückgekehrt ist und sich nun nach der Ferne sehnt. Der Dichter beginnt mit einem Dank an die Naturgötter und beschreibt seine Wiederankunft in Messina als ein ersehntes Ziel seiner Reise, begleitet von Freude und Glück. Die Bilder der Stadt, des Hafens, des Meeres und der umliegenden Landschaft werden in leuchtenden Farben dargestellt, was die anfängliche Begeisterung des Erzählers verdeutlicht. Die Rückkehr wird als eine glückliche Heimkehr gefeiert, da vergangene Freuden und Erinnerungen an die Heimat mit Dankbarkeit und Zärtlichkeit begrüßt werden.

Die anfängliche Euphorie weicht jedoch schnell einer tiefen Sehnsucht und einem Gefühl der Gefangenschaft. Der Dichter klagt über die Widrigkeiten, die ihm die Abreise verwehren. Er fühlt sich von den Naturgöttern, insbesondere Neptun und Äolus, zurückgehalten. Das Meer, das zuvor als einladend beschrieben wurde, wird nun zum Symbol der Trennung und des Hindernisses. Die Beschreibung des Wartens auf ein Schiff wird von Verzweiflung und Ungeduld begleitet, da die Tage und Wochen mit quälender Langeweile vergehen. Das Gedicht wechselt von der freudigen Ankunft zur Darstellung des inneren Konflikts des Dichters, der sich nach der Ferne sehnt, insbesondere nach Rom, wo die Liebe auf ihn wartet.

Die Verwendung von mythologischen Anspielungen, wie Charybdis, Peloro, Faro, Scilla und Apennin, bereichert das Gedicht mit einer tieferen Bedeutungsebene. Sie unterstreichen die Verwurzelung des Dichters in der sizilianischen Landschaft und Kultur. Die Metaphern, wie der „gigantische Strom“ oder „die Spindel der Parze“, verleihen dem Gedicht eine dramatische Intensität und betonen die Macht des Schicksals, das den Dichter an Messina festhält. Die Wiederholung des Themas der Sehnsucht nach dem Faro, der als Wegweiser und Ziel der Sehnsucht dient, verstärkt das Gefühl des ungestillten Verlangens nach der Freiheit.

Trotz der erlebten Unfreiheit und Sehnsucht findet der Dichter Trost in der Freundschaft. Doch diese Freuden können seine Sehnsucht nach der Geliebten in Rom nicht gänzlich lindern. Die „reichste Bewirthung“ kann die Sehnsucht nach der Liebe nicht ersetzen. Die letzte Strophe offenbart das zentrale Motiv des Gedichts: Die Liebe ist der Motor, der den Dichter antreibt und ihm die Kraft gibt, seine missliche Lage zu überwinden. Die Rückkehr nach Messina wird dadurch zu einem Zwischenstopp auf einer längeren Reise, zu einer zeitweiligen Gefangenschaft, die durch die Sehnsucht nach Rom und der dort wartenden Liebe aufgehoben wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.