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Seiner Herrin

Von

An F. von Schrötter.

1814.

Von einer ist mein Herz entzündet,
Die läßt mir Tag und Nacht nicht Ruh′;
Der hab′ ich ewig mich verkündet,
Ihr thu′ ich alles, was ich thu′.

In Schönheit blüht sie, glänzt in Ehren,
Wie Gottes wundervolle Braut,
Und scheint sich täglich zu verklären,
Seit ich an ihren Dienst getraut.

So freundlich hat sie mich geladen,
Daß schier mein Herz in Liebe brach,
Als wenn die Mutter aller Gnaden
In sel′gen Träumen zu mir sprach.

Als Knabe hab′ ich viel vernommen
Von ihrer hohen Würdigkeit,
Dem Jüngling war ein Ruf gekommen
Von ihrer Schmach und Niedrigkeit.

Da ging ich oft in Eichenhainen
Zu suchen die versunkne Pracht;
Den Fall der Herrin zu beweinen,
Zu prüfen meines Armes Macht.

Da betet′ ich, laß mich sie retten,
Du, welcher lenkt der Sterne Gang,
Mich laß zerbrechen ihre Ketten,
Und sterben froh, wenn das gelang.

Nun ist die hohe Zeit gekommen,
Der Hölle Rotten sind gedämpft,
Und betend knien die Starken, Frommen,
Die kühn um solchen Lohn gekämpft.

Muß ich noch immer auf dich warten,
Die meine ganze Seele füllt,
Mein Ehrenpreis, mein Freudengarten,
Du aller Himmel schönstes Bild?

Was hältst du länger dich verborgen,
O süßes wundersames Licht?
Die Treuen stehn in bangen Sorgen,
Entzeuch dich ihnen länger nicht.

O tritt hervor in deiner Schöne,
Von heil′gem Eichenzweig umlaubt,
Daß dich die Hand des Volkes kröne,
Das immerdar an dich geglaubt.

Ein Leuchten ist′s aus großen Tagen,
Das dich, du Herrliche, umwallt,
Wie Zauber schwebt′s von alten Sagen
Um deine selige Gestalt.

Wer dich nur schauet, muß entbrennen
In Liebesglut und Andacht gleich;
So laß mich deinen Namen nennen:

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Gedicht: Seiner Herrin von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Seiner Herrin“ von Max von Schenkendorf ist eine pathetische Lobpreisung, die in allegorischer Weise die Sehnsucht nach einer idealisierten Figur zum Ausdruck bringt. Obwohl der Titel „Seiner Herrin“ lautet, ist der eigentliche Gegenstand der Verehrung nicht eine einzelne Frau, sondern vielmehr ein politisches oder nationales Ideal. Der Autor verwendet eine stark religiös gefärbte Sprache, um die leidenschaftliche Hingabe an diese „Herrin“ zu beschreiben und die Hoffnung auf ihre Wiederherstellung oder ihren Triumph zu äußern. Dies wird insbesondere durch die Verwendung von Begriffen wie „Braut“, „Gottes wundervolle Braut“ und der Bezug auf „Gnade“ und „sel′gen Träumen“ deutlich.

Die Struktur des Gedichts folgt einem klaren Aufbau. Es beginnt mit der Bekundung der Liebe und Hingabe, gefolgt von der Beschreibung der Schönheit und Erhabenheit der „Herrin“. In den darauffolgenden Strophen wird die Vergangenheit angerissen, in der die „Herrin“ Schmach und Niedrigkeit erfuhr, woraufhin der Dichter den Wunsch nach ihrer Rettung und der Beseitigung der Ketten, die sie fesseln, äußert. Dies deutet auf eine Zeit der Unterdrückung oder Bedrohung hin, möglicherweise im Kontext der napoleonischen Kriege oder der politischen Umwälzungen seiner Zeit. Die Erwartung auf eine positive Wendung und die Bitte um das Erscheinen der „Herrin“ bildet den Höhepunkt des Gedichts.

Die Verwendung von Bildern aus der Natur, wie den „Eichenhainen“, verstärkt die romantische Atmosphäre und die Verbundenheit des Dichters mit der „Herrin“. Die Natur wird hier als Ort der Reflexion und des Gebets dargestellt, wo der Dichter Trost findet und seinen Wunsch nach der Wiederherstellung der Herrin artikuliert. Die Erwähnung der „Hölle Rotten“ und der „Ketten“ deutet auf eine Auseinandersetzung mit dunklen Mächten und Unterdrückung hin, die es zu überwinden gilt. Die abschließenden Strophen sind von einem euphorischen Ton geprägt und betonen die Schönheit und den Zauber, der von der „Herrin“ ausgeht. Der Wunsch nach ihrer Krönung durch das Volk und die daraus resultierende Erleuchtung zeigt die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die allegorische Natur des Gedichts erlaubt eine vielschichtige Interpretation. Die „Herrin“ kann als Sinnbild für Deutschland oder das Vaterland betrachtet werden, das nach einer Zeit der Demütigung und Unterdrückung nach Freiheit und Erneuerung strebt. Die Verehrung der „Herrin“ ist somit ein Ausdruck patriotischer Gefühle und der Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft. Die religiösen Bilder verleihen der politischen Botschaft eine zusätzliche Tiefe und betonen die Bedeutung von Glauben, Hoffnung und Opferbereitschaft im Kampf für die Ideale der Nation.

Insgesamt ist „Seiner Herrin“ ein berührendes Gedicht, das die romantische Verehrung eines Ideals mit politischem Engagement verbindet. Die pathetische Sprache und die allegorische Darstellung der „Herrin“ machen das Gedicht zu einem eindrucksvollen Zeugnis der Zeitgeschichte und einem Ausdruck der Sehnsucht nach Freiheit und nationaler Einheit. Die tiefgreifende Emotionen und die religiösen Metaphern machen das Gedicht zu einem bleibenden Beispiel für die romantische Poesie.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.